Im Artikel von letzter Woche hast du gelesen, wieso du dir künftig zwei Mal überlegen solltest, ob du dich und deinen Alltag mit Jammern, Empören, Beklagen & Co. beschweren willst. Wie versprochen präsentiere ich dir in diesem Artikel Tipps und Strategien, mit denen es sich ein für allemal ausgejammert hat. Deine körperliche und psychische Gesundheit werden Freudensprünge machen.
Mit welcher Grundmelodie gehst du durch dein Leben?
Lass dir die Frage auf der Zunge zergehen. Mit welcher Grundmelodie gehst du durch dein Leben? Welche spontane Antwort entsteht in dir?
Bist du eher unbeschwert, freudig und leicht unterwegs? Oder hat sich ein dumpfes Dauergefühl von Frustration, Unzufriedenheit oder Enttäuschung breit gemacht?
Ich kann dir sagen, wieso ich dir diese Frage stelle. Ich erlebe immer mehr Menschen, die mit einer alles-ist-furchtbar-anstrengend und ich-bin-immer-genervt – Grundstimmung durch ihren Alltag gehen.
Ein Paradebeispiel dafür ist diese Situation hier: Ich hatte auf dem Markt meine wöchentlichen Obst- und Gemüse-Einkäufe erledigt und wollte den Heimweg antreten. Es hat an dem Tag kräftig geregnet und vor mir lief ein Vater mit seinen kleinen, ich schätze mal 8 bis 10-jährigen Töchtern, bepackt mit Rucksäcken und Regenschirmen. Er war sichtlich genervt vom Einkauf und forderte seine Mädchen immer wieder auf, sich zu beeilen und schneller zu machen.
Sowohl seine verbale als auch seine nonverbale Sprache ließen keinen Zweifel daran, wie verärgert, gereizt und unzufrieden er war.
Seine beiden Töchter liefen ihm eifrig hinterher. In süßen pinken Regenoutfits, über jeder von ihnen ein lila-rosafarbener Regenschirm mit Einhörnern. Sie hatten keine schlechte Laune und keinen pessimistischen Gesichtsausdruck. Im Gegenteil!
Sie lachten sich kaputt. Sie unterhielten sich, wie verschiedene Kinder aus ihren Schulklassen lachten und wie sich deren Lachen anhört. Eine der beiden hat das jeweilige Lachgeräusch vorgemacht und die andere fiel in das Lachen ein.
Ich kann dir sagen, ich bin mit einem Dauergrinsen hinterhergelaufen und habe mich davor gehütet, vorbeizuziehen. Das war sooo ansteckend! Ich musste mitlachen und aufpassen, dass ich nicht zu laut bin und auffalle…
Beim Beobachten der Szene wurde mir klar, welche immens unterschiedliche Grundhaltung die beiden Kinder vs. ihr Vater zum Leben haben. Während die beiden Mädchen voller Neugierde, Freude und Begeisterung durchs Leben gehen, vermittelt ihr Vater den Eindruck, das Leben sei eine Anstrengung, ein Kampf, den es irgendwie zu bewältigen gilt.
Wieso erzähle ich dir das alles, wenn du eigentlich nur auf Tipps wartest, wie du aufhörst, zu jammern?
Ganz einfach: bevor wir uns um die „Lösungen“ kümmern, ist es wichtig zu wissen, um welche Art des „Problems“ es sich handelt.
In diesem Fall, um welche Art von Jammerei.
Denn es ist ein riesiger Unterschied, ob du ab und an jammerst, wenn es dir gerade schlecht geht. Wenn du dich beispielsweise nicht traust, auf eine Person zuzugehen und ihr bestimmte Dinge zu sagen. Du also weißt, dass es unbequem wäre oder daran zweifelst, etwas verändern zu können.
ODER aber, ob sich bei dir ein wie oben beschriebenes Grundgefühl von alles-ist-scheiße-und-anstrengend-und-jeder-ist-gegen-mich (oder so ähnlich) eingenistet hat.
Falls du dich eher der zweiten Kategorie zuordnen würdest, ist die Wahrscheinlichkeit in etwa 100 Mal höher, dass du seeehr oft jammerst, klagst oder lamentierst und dich empörst. Dass sich bei dir eine Jammer-Gewohnheitsstruktur verfestigt hat, die gepaart ist mit einer grundlegenden Empörungs- und Frustrationshaltung.
Halte also mal einen Moment inne und frage dich hier und heute ganz ehrlich, wie du unterwegs bist.
Würdest du sagen, dass du nur zu den Jammerern gehörst, wenn im Außen was richtig Schlimmes und Schwieriges auf dich zukommt? Oder geht es so weit, dass du überhaupt nicht mehr wirklich unterscheidest, was dich ärgert und frustriert? Dass dein System „vorsichtshalber“ immer anspringt und das Jammern, sich Empören oder Beklagen unbemerkt und ungewollt zu einer Art Lebens- und Grundeinstellung geworden ist?
Wenn dies der Fall ist, werden die wundervollen Tipps, die ich dir gleich präsentiere, für dich vermutlich allein nicht ausreichen. Nicht, weil sie an sich nicht hilfreich und effektiv sind, sondern einfach, weil es bei dir dann nochmal um etwas anderes geht.
Nämlich darum, deine Grundstimmung zu verändern. Dafür zu sorgen, dass du (wieder) mehr Freude, Lebendigkeit, Spaß, Leichtigkeit und Genuss in dein Leben holst.
Denn eigentlich ist dieser leichte und lebensbejahende Zustand, den die Kinder im Beispiel ausstrahlen, unser natürlicher Zustand. Wenn du das Gefühl hast, dass das bei dir in Richtung Schwere, Interessenslosigkeit und Trübsal gekippt ist, schau dir auch gern mein Workbook „Glücklichsein ist keine Glückssache“ an. Daran lernst du ganz gezielt, wie du mehr Lebensfreude und Erfüllung in deinen Alltag holst.
So, genug der Vorrede. Lass uns zu den eigentlichen Tipps und Strategien kommen, die dir helfen, Motzen, Jammern & Co. hinter dir zu lassen.
4 Tipps & Strategien, mit denen du Jammereien hinter dir lässt
1. Erwisch dich und sag‘ STOP
Diesen Tipp kannst du als übergeordneten und ersten Schritt ansehen.
Du erinnerst dich: im Artikel von letzter Woche habe ich dir zum Schluss einen Beobachtungsauftrag mitgegeben. Du solltest deinen typischen Jammer-Auslösern auf die Schliche kommen. Falls du dies noch nicht getan hast, rate ich dir, es unbedingt nachzuholen.
Zücke Papier und Stift und schreib Situationen, Personen oder Umstände auf, bei denen du leicht und schnell ins Jammern, Klagen oder Beschweren hineinrutscht. Wenn du willst, beobachte dich eine ganze Woche lang und mache dir immer wieder Notizen.
Es geht darum, in deinem Alltag genau mitzubekommen, wann dein Jammer-Automatismus anspringt.
Eine gesunde Portion Achtsamkeit(straining) ist also angesagt.
Sobald du bemerkst, dass die Beschwerde-Spirale losgeht, sagst du künftig: STOP!
Je nachdem wo du bist, kannst du es laut aussprechen oder dich innerlich, in Gedanken stoppen.
Das ist gerade am Anfang gar nicht so einfach, da wir sehr stark in unbewussten Abläufen gefangen sind. Deshalb hilft es dir wirklich, wenn du dir vorher deine typischen Jammersituationen bewusst machst. So fällt es dir leichter, die entscheidenden Momente mitzubekommen, weil du sie ein Stück weit schon erwartest.
Ganz egal, ob du ein Meister-Detektiv bist oder es dir am Anfang schwerfällt – oberstes Gebot bei allem ist, dass du liebevoll mit dir umgehst!
Es geht darum, dich und deine Jammermuster zu beobachten (!). Ohne dass dein Kritiker auf die Bühne kommt und du dich verurteilst.
Weder im Sinne von: „Ich bescheuerte Kuh krieg es nicht mal hin, nicht zu jammern“, noch „Ich bin ja noch nicht mal in der Lage zu bemerken, wenn ich mich beklage oder motze“.
Wenn du dich ertappst, bleibe freundlich und sage: „Ah, sieh mal einer an, da ist der Jammermodus wieder.“.
Auch wenn du abends feststellst, dass du dir in den Situationen nicht auf die Schliche gekommen bist: schenke dir eine mitfühlende Umarmung. Bleib am Ball. Du wirst sehen, wie du Detektiv-Fortschritte machst!
2. Komm ins Handeln und wende dich dem, was dahinter liegt, zu!
Natürlich ist an der Aussage, dass du nicht alles in dich hineinfressen sollst, durchaus was dran. Es geht niemals darum, etwas in dir runterzuschlucken oder es wegzudrücken.
Sondern dich dem, was in dir ist, zuzuwenden.
Auch beim Jammern ist offensichtlich irgendetwas in dir. Häufig steckt eine Aufgabe, ein vernachlässigtes Bedürfnis dahinter, das es zu sehen gilt. Wie beispielsweise die Wertschätzung deines Chefs, wenn er deine Ausarbeitungen lediglich mit einem Kopfnicken entgegennimmt. Oder ein nicht bekommenes „Danke“ deiner Kinder, weil du ihren Alltag durch deine Haushaltsaufgaben erleichterst, Ordnung hältst und für sie ein schönes Zuhause schaffst.
Mir ist wichtig, dass wir uns nicht falsch verstehen: ja, es hat immer was mit dir zu tun, wenn du anspringst. Trotzdem gibt es durchaus Situationen und Momente, in denen du dich „zu Recht“ beschwerst. Wenn ein anderer beispielsweise etwas wirklich Unangebrachtes oder Verletzendes getan hat oder dich dauerhaft übergeht oder dich terrorisiert.
Hinter einem Jammern kann also Verschiedenes stecken.
Beispielsweise Selbstmitleid oder aber ein handfester Veränderungswunsch. Überprüfe deshalb, was wirklich dahintersteckt, wenn du jammerst.
Was versprichst du dir davon? (Oder was verspricht sich der Teil, der jammert?)
Was willst du wirklich? Was findest du echt schwierig, was ärgert dich wirklich und wo „nutzt“ du das Jammern zu anderen Zwecken?
Egal, was bei diesen Fragen herauskommt. Es ist wichtig, dass du dir Zeit nimmst, dich damit auseinandersetzen. Aktiv zu werden und in eine Handlungsorientierung zu kommen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten.
Je nachdem, was dir gut tut, was du brauchst und je nach Situation kann dies bedeuten, dass du dem Brodeln in deinem Inneren Ausdruck verleihst. Aber eben nicht anderen Menschen gegenüber. Dann ist dein Körper ein wundervolles Ventil. Wenn du alleine bist, kannst du beispielsweise kräftig mit den Füßen stampfen. Oder schnauben, seufzen, schreien. Die Hände zu Fäusten ballen und ganz bewusst spüren, welche Energie und Kraft hinter deinem „Jammern“ steckt.
Falls andere Personen involviert sind: mach doch mal das Gegenteil von dem, was du jetzt tust. Überlege dir, mit welchem Verhalten die andere Person so gar nicht rechnet und wie du sie „überraschen“ könntest. Schau dann, wie der Andere reagiert.
Als Systemikerin liebe ich solche „Irritationsspiele“ und sie sind meiner Erfahrung nach enorm hilfreich. Unabhängig davon, ob der andere sein Verhalten verändert, kann ich dir garantieren, dass es sehr viel mit dir macht. Denn du erlebst dich als selbstwirksam, frei und unabhängig von dem Verhalten dritter Personen und spürst, wie viel Handlungsspielraum und Möglichkeiten du in Wahrheit hast.
Was sind typische Gründe, in denen du nur allzu schnell wieder ins Jammern verfallen könntest und das Aktiv-werden auf der Strecke bleibt?
Aus meiner langjährigen Coachingerfahrung kann ich dir beispielsweise folgende, häufig vorkommende (Jammer-)Fallen nennen, die du vielleicht auch aus deinem Alltag kennst:
- Du grenzt dich nicht ab und sagst nicht Nein zu jemandem oder etwas, obwohl du es tun solltest. (Dieser Artikel wird dir hierbei weiterhelfen.)
- Es gibt einen Konflikt zwischen dir und einer weiteren Person. Anstelle auf Lösungskurs zu gehen, trittst du lieber mit einem Unbeteiligten breit, was der andere doch Schreckliches und Böses getan hat. (Hier geht’s zum Konflikt- und Problemlösungstraining.)
- Du ertappst dich immer wieder dabei, es anderen recht zu machen und lässt dich selbst hinten runterfallen. (Hier erfährst du, welcher Antreiber hinter diesem Muster steckt und wie du ihn los wirst.)
- Du hast nicht genügend Zeit für dich selber, aber änderst auch nichts daran. Obwohl du merkst, dass dir alles zu viel ist, jammerst du, dass du daran nichts ändern kannst, anstelle Selbstfürsorge zu betreiben. Was du tun kannst? Wie wär’s mit einem Date mit dir selbst, einem Selbstfürsorge- oder Achtsamkeitstag?
Diese Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir war aber wichtig, dass du dir unter meinen Beschreibungen auch etwas vorstellen kannst. Wenn du dich an der einen oder anderen Stelle erwischt hast, umso besser. Jedes Mal, wenn du im Alltag merkst, dass du in die Jammer-Falle tappst, wird von nun an im besten Fall eine innere Erinnerungsglocke läuten und dich liebevoll zum Handeln auffordern.
3. Übertreibe! Jammere so heftig und stark wie du nur kannst.
Ja, du hast richtig gelesen. Die Technik des Übertreibens stammt aus der provokativen Therapie. Ich persönlich habe sie im Zusammenhang mit meiner Ausbildung zum systemischen Therapeuten kennengelernt.
Wenn beispielsweise einer meiner Klienten über massiven Stress klagt, der insbesondere von der Arbeit herrührt, könnte ich mit ihm schauen, welche Nachteile das hat und ihm für eine bestimmte Zeit eine Art „Überstundenverbot“ erteilen. Provokativ könnte ich aber auch einen anderen Weg wählen. Nämlich den, ihm zu raten, noch mehr Überstunden zu machen. Vielleicht sogar eine Zahl festzulegen (täglich x Stunden mehr arbeiten).
Was oft passiert: Durch die massive Übertreibung merken die Klienten, wie absurd ihr Verhalten oder bestimmte Gedanken sind und kommen dann viel leicht raus oder können es abstellen.
Genau das lege ich dir auch bei der Jammerthematik ans Herz.
Übertreibe dein Selbstmitleid und den Jammeranlass so unverhältnismäßig stark, bis du beides nicht mehr ernst nehmen kannst.
Du könntest dir beispielsweise sagen, dass du ganz sicher einsam und verlassen sterben wirst. Oder du überzeugst dich davon, dass dich dein Chef jedes einzelne Mal beim Meeting vor versammelter Mannschaft blöd dazustehen lässt und auch wirklich jede einzelne Sekunde nutzt, das zu tun. Eben, dass es an JEDEM TAG deines restlichen Lebens regnen wird.
Du wirst feststellen, dass du automatisch die Perspektive wechselst, alles leichter nimmst und am Ende vielleicht über dich selbst oder die Situation schmunzeln kannst.
4. Verändere deinen Fokus in Richtung Dankbarkeit.
Klingt simpel. Ist es auch!
Ich kenne keine einfachere und wirkungsvollere Geheimwaffe, die dich schneller und intensiver in die Glückseligkeit katapultiert bzw. dich aus dem Jammer-Dauer-Modus holt als Dankbarkeit.
Auch die Wissenschaft ist sich einig, welch langanhaltende und erstaunliche Effekte Dankbarkeit auf unser Leben hat. Um an dieser Stelle nur eine der gefühlt tausend Studien zu nennen: Wissenschaftler der Universität in Kalifornien konnten zeigen, dass sich dein Cortisolspiegel (ein Stresshormon) um 23% senkt, wenn du dankbar und optimistisch durch dein Leben gehst.
Achte also unbedingt auf deinen Fokus!
Sobald du merkst, dass du in der Jammerschleife hängst, schließe für einen kurzen Moment deine Augen, und beantworte dir die folgende Frage:
Für was, für welche kleinen und großen Dinge, in meinem Leben bin ich gerade richtig dankbar?
Es regnet und du hast schlecht geschlafen. Dafür hast du überhaupt ein warmes kuscheliges Bett, in das du dich jeden Abend hineinlegen darfst und 4 Wände um dich herum, in denen du tun und lassen kannst, was du möchtest.
Du kannst bei der Beantwortung dieser Frage gedanklich richtig „durchdrehen“ – lass deiner Fantasie freien Lauf. Je öfter du die kleine Übung machst, desto mehr Dinge werden dir einfallen, für die du zutiefst dankbar sein kannst und die du verstärkt schätzen und genießen wirst.
Mehr Energie, ein fröhlicheres Gemüt und weniger Stress klingen doch attraktiver als die chronische Jammeritis, oder etwa nicht?
Das waren meine 4 Tipps für dich.
Nun bist du an der Reihe, das Gesagte auch umzusetzen.
Scrolle dazu nochmal kurz über die einzelnen Strategien und schaue, welche davon dich am meisten anspricht. Triff dann die verbindliche Entscheidung, die beschriebenen Verhaltensweisen mindestens eine Woche lang umzusetzen.
Teile mir und dem Rest der Community mit, für welchen Anti-Jammer-Tipp du dich entschieden hast, und natürlich insbesondere, welche Erfahrungen du damit gemacht hast! Bekommen deine Jammer-Gewohnheitsstrukturen schon erste Risse?
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Ich bin total dankbar für diesen Artikel!
Liebe Jenni,
das freut mich sehr!