Sicher gibt es auch bei dir Tage, an denen du allen Grund zum Motzen und Meckern hast. Es regnet wie aus Kübeln, beim Bäcker sind deine Lieblingscroissants ausverkauft, die S-Bahn fährt dir direkt vor der Nase weg, der Chef nervt. Wahrscheinlich lässt du deinen Frust dann auch ab und an raus. Berichtest deinen Arbeitskollegen und deiner Freundin, wie ätzend der Tag begonnen hat oder klagst ihnen dein Leid. Wenn du jetzt denkst: „Na und, was soll’s? Dann geht’s mir wenigstens ein bisschen besser. Es heißt doch immer, man soll nicht alles in sich hineinfressen.“ solltest du diesen Artikel sehr aufmerksam lesen.

Ja, ab und an kann es vielleicht befreiend wirken, Dampf abzulassen und deine Unzufriedenheit mit anderen zu teilen. Doch in Wirklichkeit schadest du dir mit dem ständigen Jammern viel mehr, als dir lieb ist. Wie Forscher herausgefunden haben, wirkt sich permanentes Motzen und Beschweren extrem negativ auf dein Gehirn und damit deine Gesundheit aus.

Ich möchte dich mit diesem Artikel deshalb wachrütteln. Dir erklären, was du dir antust, wenn du im Jammertal und Beschwerderitis versinkst. Ich zeige dir, wieso es dir so schwer fällt, aus der Jammerschleife auszusteigen und wie schnell du im Dauermotzmodus gefangen bist. Du verstehst die Neurobiologie hinter dem Jammern und es erwarten dich wissenschaftliche Fakten, wieso du unbedingt versuchen solltest, dem Jammertal zu entkommen. Im nächsten Artikel warten dann konkrete Tipps und Strategien auf dich, wie dir genau das gelingt.

Wenn Jammern zur Gewohnheit wird

Aus der Schule weißt du sicherlich noch, wie lernen geht. Lies dir das, was du im Kopf behalten willst, immer und immer wieder durch. Wiederhole es in deinen Gedanken so oft, bis du die Inhalte dermaßen verinnerlicht hast, dass du die entsprechende Antwort parat hast, wenn der Lehrer dich fragt. Du musst irgendwann gar nicht mehr lang über die Antwort nachdenken. Der Stoff sitzt so tief, dass deine Gedanken ganz automatisch die Antworten und Worte hervorbringen.

Genau dasselbe passiert, wenn du dich häufig über das Wetter aufregst, dich bei den Arbeitskollegen über den Chef beschwerst oder dem Partner abends vorjammerst, wie anstrengend doch dein Tag war.

Du erziehst dein Gehirn zu negativem Denken.

Mach dir klar: In deinem Gehirn gibt es etwa 100 Milliarden Nervenzellen, die über 100 Billionen Synapsen miteinander in Verbindung stehen, d.h. kommunizieren. Wenn deine Gedanken wieder und wieder die gleiche, d.h. in diesem Fall die Jammer- und Beschwerde-Richtung einschlagen, werden stets die gleichen Neuronen und Verbindungen aktiviert. Bis irgendwann zwischen ihnen ein sehr starkes Band geknüpft ist. Wie eine Art Datenautobahn, die sehr stark befahren und deswegen immer weiter ausgebaut wird. Während die unbefahrenen Wege zu Feldwegen verkümmern.

Fiese Verbindungen und Verknüpfungen im Gehirn

Je mehr Gedanken diesen Weg nehmen, d.h. je mehr nörgelnde, beschwerende, jammernde und beklagende Dinge du denkst, desto ausgeprägter wird diese Vernetzung in deinem Gehirn.

Es entsteht dadurch eine Art Muster, in diesem Fall das Jammer-Muster, das schnell und einfach abgerufen werden kann.

Dein Gehirn liebt solche vereinfachenden, automatisierten Mechanismen. Denn damit spart es eine Menge Energie.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit möchte es dann auf die vorhandenen Muster zurückgreifen.
So auch beim Jammern. Und da muss es in deinem Alltag vermutlich nicht lange suchen – der Stau, das Wetter, der Auftrag, das Zwicken im Rücken…

Es gibt genügend „gute Gründe“, sich zu beschweren oder zu beklagen.

Das Ganze nimmt seinen Lauf. Nach einer Weile haben sich diese Verbindungen so verfestigt, dass dein Gehirn viel schneller negative Gedanken parat hat als positive.

Mit jedem Jammern konditionierst du dein Gehirn mehr und mehr, ablehnend auf gewisse Umstände und Situationen zu reagieren. Du legst selbst den Nährboden für eine negative Grundeinstellung dem Leben gegenüber. Für dein Grundgefühl des Unzufriedenseins. Oder des Genervtseins.

Durch die regelmäßigen negativen Gefühle zieht dein Gehirn ganz klar pessimistische den optimistischen Gedanken vor. Ganz einfach, weil es sich dafür weniger anstrengen muss.

Du bist nicht „Schuld“ an deinen eingespeicherten Strukturen im Gehirn.

Das Ganze passiert so schnell und läuft unbewusst ab.

Es ist ja schließlich nicht so, dass du jeden Morgen aufstehst und schreist: beschwerende Gedanken, her zu mir!

Ich weiß auch, dass das alles für dich deprimierend klingen könnte. Auch wenn es sich so anhört, als könntest du daran nichts ändern, glaub mir – kannst du. Im nächsten Artikel gebe ich dir dazu genügend Hilfestellungen und Anleitungen.

Nichts ist in Stein gemeißelt. Weder deine Gedanken noch deine derzeit bestehenden Gehirnverknüpfungen. Wie viele Gehirnforscher und Neuropsychologen herausgefunden haben, ist dein Gehirn bis ins hohe Alter fähig, sich zu verändern, zu verlernen und Neues zu lernen. Stichwort Neuroplastizität.

Damit du ausreichend motiviert bist, davon Gebrauch zu machen, komme ich nun zu den eigentlichen Gründen, wegen denen du Jammern, Nörgeln & Co. in Zukunft auf jeden Fall unterlassen solltest.

Was Jammern mit dir und deinem Körper macht

1.) Jammern macht vergesslich

Ja, du liest richtig. An der Stanford University konnten Forscher in einer ihrer Studien nachweisen, dass Lamentieren einen bestimmten Teil deines Gehirns, den Hippocampus kleiner werden lässt. Dieser Gehirnteil schrumpft, wenn Menschen sich beschweren oder jammern. Der Hippocampus gehört zum Teil des limbischen Systems und ist u.a. für dein Gedächtnis zuständig. Für alle Lern-, Behaltens- und Erinnerungsprozesse (vor allem von neuen Dingen) ist er unabdingbar. Bei Alzheimer-Patienten ist genau dieser Teil des Gehirns besonders beschädigt.

Wenn du also weiterhin jammerst, förderst du deine Vergesslichkeit und reduzierst deine Gedächtnisfähigkeit.

2.) Jammern = Stress

Ich weiß, dass auch du nicht grundlos jammerst. Dass du, wenn du das tust, aus irgendeinem Grund sauer, wütend, frustriert oder traurig bist. Nur leider baust du Frust und Co nicht ab, wenn du darüber sprichst. Sondern du erzeugst in deinem Körper nur noch mehr Stress.

Denn beim Sprechen über negative Dinge kommen negative Gefühle hoch, die dein dein Gehirn verarbeiten muss.

Du kannst dir das so ähnlich wie bei Menschen vorstellen, die ein Trauma erlebt haben und in Träumen oder bestimmten Triggersituationen das schlimme Ereignis wieder und wieder realitätsnah durchleben. Nur dass es in unserem Fall um weitaus banalere Dinge geht. Aber das Grundprinzip ist das Gleiche.

Durch das ständige Wiedererleben des nervigen Umstandes, des Ereignisses, der Situation schickst du dieselben Gefühle permanent durch deinen Körper. Das bleibt natürlich nicht folgenlos. Dein Körper produziert das Stresshormon Cortisol, damit deine Körperchemie zu deinen Gedanken und Gefühlen passt.

Durch die vielen Stresshormone in deinem Körper fühlst du dich dann auch tatsächlich gestresst und hegst noch stärkere stressbesetzte und stressunterstützende Gedanken. Und schon hängst du im berühmt-berüchtigten Gedankenkarussell fest, im negativen Kreislauf aus negativen Gedanken und Gefühlen.

Die Schattenseiten der Jammer-Spirale

Wenn du häufig jammerst, ist dein Cortisolspiegel dauerhaft erhöht. Und du weißt sicherlich, dass das nicht gesund ist – ganz im Gegenteil. Dadurch erhöht sich beispielsweise dein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Dein Blutdruck steigt, dein Immunsystem fährt auf Sparflamme herunter und die Wahrscheinlichkeit schlafloser Nächte steigen. Über kurz oder lang heißt es dann vielleicht auch: Achtung, Burnout-Alarm.

3.) Jammern vereinsamt und verschlechtert deine Beziehungen

Wenn du die Wahl hättest zwischen einem optimistischen, lebensfrohen, gut gelaunten oder aber einem pessimistischen, jammernden und nörgelnden Zeitgenossen. Mit wem willst du dich lieber an einen Tisch setzen?

Seien wir ehrlich: gerade für die Qualität und Intensität zwischenmenschlicher Beziehungen ist die Jammerei alles andere als förderlich. Sowohl für deine Partnerschaft als auch für die Beziehungen zu deinen Freunden.

Denn wenn du dich in Gesprächen immer und immer wieder nur beschwerst oder einen bissig-sarkastischen Kommentar nach dem nächsten austeilst, verpestest du die gesamte Energie und Stimmung.

Gerade wenn du den Personen am Herzen liegst, werden sie dich vielleicht nicht gleich vor die Tür setzen. Trotzdem kann ich dir versichern: wenn dein Fokus auf die Nörglerei zum Dauerzustand wird, überlegen sie es ich irgendwann zwei Mal, ob sie dir und deinem Lamentatio ihre Zeit schenken und sich runterziehen lassen wollen.

Übrigens: Gerade was das Jammern in Beziehungen angeht, lade ich dich ein, genauer hinzuschauen. Denn häufig sind Nörglereien verschlüsselte Botschaften, hinter denen viel mehr steckt. Nämlich Hinweise auf unerfüllte Bedürfnisse. Wenn du dich fragst, wie du deine Bedürfnisse erkennen kannst, schau mal in diesen Artikel rein.

4.) Jammern verhindert, dass du etwas veränderst

Zum Schluss möchte ich dich noch auf einen für mich zentralen Nachteil von Jammereien aufmerksam machen: du katapultierst dich automatisch in die Opferhaltung und damit in eine Ohnmachtsfalle.

Wenn du dir immer und immer wieder vor Augen hältst, wie nervig und schlimm alles ist und was besser sein müsste, bestärkst du dein Gefühl, nichts an deinem Zustand ändern zu können.

Dann verharrst du in einer geduckten und kleinmachenden Haltung, ohne deinen tatsächlichen Handlungs- und Gestaltungsspielraum an der Situation zu erkennen.

Jammern verhindert, dass du aktiv wirst, losgehst und verschiedene Lösungsmöglichkeiten ausprobierst.

Es bringt dich somit um Erfahrungen, die dir zeigen würden, dass du dein Leben selbst in der Hand hast. Beziehungsweise besser gesagt, dass du deine innere Antwort auf die äußeren Umstände in der Hand hast.

Du könntest merken, wie sich mit deinem Inneren auch dein Äußeres verändert. Wenn du aber in deiner Motz-Spirale gefangen bleibst, kann dir das Leben nur das geben, wovon du überzeugt bist: dass es anstrengend, schwerfällig und mühsam ist.

Du bist am Ende des Artikels angekommen.

Mir ist wichtig, nochmal zu betonen, dass ich dich mit allem Geschriebenen auf keinen Fall anklagen wollte oder dass du dich in irgendeiner Weise ertappt bzw. schuldig fühlst. Bringe dir selbst eine große Portion Mitgefühl entgegen, denn diese Jammer-Schleife automatisiert sich echt unbewusst und schnell.

Ich freue mich,  wenn ich dich motivieren konnte, dich vom Jammer- und Lamentiermodus zu verabschieden. Wie genau das geht, erfährst du im nächsten Artikel. Dort erwarten dich konkrete Strategien und Anleitungen.

Als kleine Vorbereitung habe ich einen Beobachtungsauftrag für dich.

Ich möchte, dass du in der kommenden Woche Detektiv spielst. Jammer-Detektiv.

Versuche, dir auf die Schliche zu kommen und mitzukriegen, wenn bei dir wieder das Beschwerdeprogramm angeht. Da das in der Situation unheimlich schwierig ist, empfehle ich, dir ein-, besser zwei Mal am Tag (am besten Mittags und Abends) eine kleine Auszeit zu nehmen, in der du reflektierst, in welchen Situationen du dich beschwert, geklagt, gejammert o.ä. hast und welche konkreten Gedanken oder Sätze du benutzt hast, um dem Ausdruck zu verleihen.

Kannst du irgendwelche „Muster“, d.h. wiederkehrende Bedingungskonstellationen erkennen, bei denen dein Jammerprogramm anspringt? Themen, um die es immer wieder geht? Menschen, in deren Gegenwart du besonders oft klagst?

Teile deine Erkenntnisse mit mir und anderen und kommentiere unter dem Artikel hier auf dem Blog. Wenn du etwas mehr ins Detail gehen willst und dafür einen geschützten Raum willst, schreib in unsere geschlossene Facebook-Gruppe. Erzähle uns  von Situationen, in denen du zum Jammern, Nörgeln, Beschweren & Co. neigst.

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