Stress oder Probleme mit einem Fingerschnipsen wegzaubern? Sowas würde ich dir nie versprechen. Aber eines kann ich dir sagen: Wenn du deine Stärken ganz genau kennst und sie bewusst in Stressmomenten und Krisen- oder Konfliktsituationen einsetzt, hilft dir das beim entspannter werden ganz enorm. Wie du das machst, erzähle ich dir hier.
In diesem Artikel hole ich meine Begeisterung für die Positive Psychologie raus. Ich zeige dir, wie du deine Stärken nutzen kannst, um alle Arten von Stresssituationen und Probleme entspannt zu meistern.
Freu dich auf eine Anleitung im wortwörtlichsten Sinn. Denn jeder Buchstabe der R-O-A-D-M-A-P für das Entspannter werden steht für eine konkrete Verhaltensweise.
Klarheit über deine persönlichen Stärken – die Voraussetzung zum Entspannter werden
Bevor ich dir die Roadmap zeige, lass uns kurz über deine Stärken sprechen. Denn natürlich musst du sie überhaupt erst kennen, bevor du sie nutzen kannst.
Ich habe auf soulsweet bereits mehrfach darüber geschrieben, wie du deine Stärken entdeckst.
- Hier verrate ich dir nicht nur, wieso es so schwer ist, die eigenen positiven Seiten anzuerkennen, sondern gebe dir mit dem Stärken-ABC eine Stärkenliste an die Hand, mit der du ruckzuck deine Stärken rausfindest.
- Und in diesem Artikel zeige ich dir 5 Methoden, mit denen du die in dir schlummernden Ressourcen und Fähigkeiten entdeckst.
Mit der ROAD-MAP entspannter werden: So nutzt du deine Stärken für die Bewältigung von Stress und Problemen
Ein hilfreiches Werkzeug, um Stress und Probleme leichter zu bewältigen und gleichzeitig persönlich zu wachsen, ist die ROAD-MAP. Es handelt sich um Akronym. Jeder Buchstabe steht für einfache Verhaltensweisen, mit denen du deine Stärken entdeckst und sie für die Lösung der Herausforderung, vor der du gerade stehst, nutzen kannst.
- R = Reflect (Reflektieren)
- O = Observe (Beobachten)
- A = Appreciate (Wertschätzen)
- D = Discuss (Diskutieren)
- M = Monitor (Eigenbeobachtung)
- A = Ask (Fragen)
- P = Plan (Planen)
Da wir bekanntlich am besten an Beispielen lernen, erkläre ich dir die Methode anhand eines echten Falls. Nichts Katastrophales. Eher eine von den alltäglichen Herausforderungen, wie wir sie ständig im Leben erleben…
Stell dir folgendes Szenario vor:
Hanna hat sich mit ihrer Freundin Sophie gestritten. Sophie hat den vor langer Zeit gebuchten Urlaub abgesagt, weil sie lieber mit ihrem neuen Freund verreisen möchte. Hanna hat sich sehr auf diesen Urlaub gefreut, weil sie seit drei Jahren nicht mehr verreist ist. Das bezahlte Geld erhält sie auch nur noch teilweise zurück. Die Situation ist sehr belastend für sie. Denn sie versteht Sophie, die frisch verliebt ist und möchte ihrer Freundin nichts Schlechtes. Zugleich ärgert es sie wahnsinnig. Und es verletzt und enttäuscht sie auch, dass Sophie sie so sitzen lässt. Vor allem ist sie im Moment ratlos, was sie jetzt mit ihrem Urlaub macht, ob sie die Situation überhaupt ansprechen oder das Ganze besser auf sich beruhen lassen sollte …
Das Beispiel ist natürlich austauschbar.
- Du hast gerade Stress im Job und fragst dich, wie du das gut meistern kannst? Nutz die Roadmap!
- Oder du hast eine Krise, weil sich dein Partner getrennt hat? Nutz die Roadmap.
- Und vielleicht steht ein Umzug in eine neue Stadt an und du hast keinen Schimmer, wie du das nur bewältigen sollst? Nutz die Roadmap.
So funktioniert die Methode
Jede der sieben Schritte erkläre ich dir nach dem gleichen Schema:
- Im ersten Schritt erfährst du, was das Prinzip hinter dem Schritt ist.
- Dann zeige ich dir, wieso es nützlich ist, dass in der Problem- oder Stresssituation zu machen.
- Ich gebe dir eine konkrete Anleitung an die Hand, wie du das umsetzt.
- Damit die Road-Map nicht irgendeine abstrakte Methode für dich bleibt, zeige ich dir am Beispiel von Hanna, wie das genau funktioniert.
Dann legen wir mal los!
1. Reflektieren
Das ist das Prinzip
Du erinnerst dich an frühere schwierige Situationen zurück und reflektierst, welche Stärken dir damals geholfen haben, die dich auch heute weiterbringen.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Wenn du dir klar machst, dass du bestimmte Stärken in der Vergangenheit bereits erfolgreich eingesetzt hast, um Stress zu reduzieren oder eine Herausforderung zu bewältigen, bestärkt das dein Vertrauen, es wieder hinzukriegen. Du kriegst automatisch Ideen, was du in deiner jetzigen Situation machen kannst.
Wie kann ich das konkret umsetzen?
- Denke an unterschiedliche Situationen, die dich in der Vergangenheit Überwindung gekostet haben, dich gestresst oder herausgefordert
- Überlege dir, welche Stärken du gebraucht hast, um diese Situationen zu meisten.
- Finde und benenne 3 Stärken, die du damals aktiv eingesetzt hast.
- Überlege dir, wie du genau diese 3 Stärken nutzen könntest, um die aktuelle Situation zu meistern.
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch Selbstwirksamkeit
Wenn Hanna das machen würde, hieße das, dass sie sich drei herausfordernde Situationen der vergangenen Zeit überlegt. Hanna könnte beispielsweise an folgende Situationen denken:
- An ihre Zahnarztbesuche, denn sie hat extreme Angst vorm Zahnarzt. Trotzdem geht sie jedes Jahr zur Kontrolle.
- Hanna könnte sich an ihre ältere Nachbarin erinnern, der sie immer die Einkäufe hochträgt – und das selbst dann, wenn sie selbst viel zu tun hat.
- Der ehemalige Mitbewohner von Hanna hat nie sein Geschirr abgespült. Wenn er darauf angesprochen wurde, wurde es immer sehr laut, da die anderen Mitbewohner mit ihm diskutierten. Hanna hat sich mehrfach mit ihm hingesetzt, um eine Lösung zu finden.
Hanna würde überlegen, welche Stärken sie in diesen Situationen eingesetzt hat.
- Vielleicht fällt ihr ein, dass sie bei ihren Zahnarztbesuchen besonders tapfer
- Die Einkaufstüten schleppt sie, weil Freundlichkeit und Mitgefühl zwei ihrer Stärken sind.
- Die Diskussionen mit dem Mitbewohner könnten Hanna zeigen, dass sie eine hohe Ausdauer
Mit ihren Stärken im Bewusstsein hieße das für Hanna darüber nachzudenken, wie sie ihre Stärken in der jetzigen Situation nutzen könnte.
Hanna könnte aufgrund ihrer Tapferkeit zum Beispiel beschließen, einfach alleine zu reisen. Oder das Gespräch mit Sophie nicht länger zu vermeiden, sondern tapfer zu sein und anzusprechen, wie sie die Situation empfindet. Vielleicht würde Hanna auch auf die Freundin zugehen und freundlich nachfragen, warum sie so entschieden hat, um zu verstehen, woran es liegt. Oder ihre Ausdauer könnte Hanna nutzen, um jemand anderen zu finden, der mit ihr reist (auch wenn sie dafür ewig viele Menschen ansprechen muss und das sicher nicht einfach wird).
2. Beobachten
Das ist das Prinzip
Überlege dir oder beobachte, wie andere Menschen ihre Stärken in stressigen oder schwierigen Situationen einsetzen.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Das Nachdenken über andere Menschen oder deren Beobachtung bringt dich auf neue Ideen, welche Stärken du in deiner jetzigen Situation aktivieren kannst. Du entdeckst Stärken, die vielleicht auch in dir schlummern, aber die du noch nicht aktiv nutzt.
Wie kann ich das konkret umsetzen?
Überlege dir zuerst, auf welche Person du deine Aufmerksamkeit richten willst.
Sehr gut eignen sich entweder dir nahestehende Personen (z.B. Familie, Freunde, Arbeitskollegen, mit denen du eng zusammenarbeitest) oder auch bestimmte Vorbilder (z.B. eine Superheldin deiner Kindheit, ein Politiker, dessen Ansichten du teilst, wie z.B. Nelson Mandela oder eine prominente Person aus den Medien).
Beobachte diese Person(en) über einige Tage. Achte genau darauf, wie sie in verschiedenen (vielleicht auch schwierigen) Situationen reagieren und wie sie sich verhalten.
- Welche Stärken setzen sie ein im Laufe des Tages ein?
- Welche Stärken setzen sie in schwierigen Situationen oder zur Konfliktlösung ein?
- Was macht diese Person ganz genau (d.h. wie drückt sie diese Stärken aus)?
Manche Vorbilder kannst du nicht (mehr) beobachten. Aber stell dir verschiedene Situationen vor und überlege dir die Antworten auf die Fragen.
Frag dich nun: Welche der beobachteten Stärken könnte dir in deiner jetzigen Situation helfen? Welche willst du gern aktivieren? Wie machst du das?
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch neue Ideen
Hanna könnte ihre Schwester im Umgang mit ihren Kindern beobachten. Ihr fällt auf, dass ihre Schwester sehr genau darauf achtet, dass alle drei Kinder immer die gleichen Spielzeuge erhalten. Bei der Beobachtung würde Hanna vielleicht auch feststellen, dass ihre Schwester jeden Sonntag einen anderen Ausflug mit ihrer Familie macht und diese immer für etwas Neues begeistern kann.
Aus den Beobachtungen der Situationen könnte Hanna schließen, dass die Stärken ihrer Schwester Fairness, Einfallsreichtum und Begeisterungsfähigkeit sind.
Eventuell würde Hanna feststellen, dass Fairness und Einfallsreichtum in ihrer jetzigen Situation weiterhelfen könnten, um entspannter zu werden. Sie könnte die erlebte Fairness als Stärke in ihrer Situation nutzen, in dem sie ihrer Freundin anbietet, zu dritt in den Urlaub zu gehen oder in dem sie dem Freund ihre Reise für einen etwas günstigeren Preis übergibt. Wenn Hanna Einfallsreichtum aktivieren würde, würde sie vielleicht darüber nachdenken, die Reise auf einem Internetportal an eine dritte Person verkaufen oder die Reise umzubuchen und bei ihren Eltern mitgehen.
3. Wertschätzen
Das ist das Prinzip
Überlege dir, was du an anderen Personen oder der Situation schätzt, die dir jetzt in diesem Moment Probleme oder Stress bereiten/ bereitet.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Der Perspektivenwechsel hilft dir, dich weniger zu ärgern und verändert dein Gefühl. Wenn du aus der Perspektive von Dankbarkeit und Wertschätzung auf deine Stresssituation schaust, resultieren daraus in der Regel bessere Ideen, Gespräche oder Entscheidungen.
Wie kann ich das konkret umsetzen?
Nimm dir eine Minute Zeit und sage laut, was du an der Person oder Situation schätzt und/ oder wofür du dankbar bist.
- Warum verbringst du an sich gerne Zeit mit der anderen Person?
- Welche Eigenschaften der Person/Situation sind auch für dich wichtig?
- Wie helfen dir die Eigenschaften der Person/Situation weiter?
- Was beeindruckt dich am meisten?
- Wofür bist du gerade grundsätzlich in deinem Leben aus ganzem Herzen dankbar?
Statt sich in der Stress- oder Problemsituation also nur auf die negativen Aspekte der Person oder Situation zu fokussieren, versuchst du, deine Gedanken davon wegzubringen.
Denke beispielsweise bei einem Konflikt mit deinem Partner nicht ausschließlich daran, was er in diesem Moment alles falsch macht (bspw. er ist eingeschnappt und ignoriert mich) und was du stattdessen erwarten würdest (z.B. er soll zuerst auf dich zugehen), sondern an positive Eigenschaften an ihm und eurer Beziehung.
- Ist er ein hilfsbereiter Mensch?
- Hat er immer ein offenes Ohr für dich?
- Charakterisiert sich eure Beziehung durch Treue?
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch Dankbarkeit
Wenn Hanna über diese Fragen nachdenkt, fällt ihr trotz des Ärgers auf, was sie an Sophie und ihrer Freundschaft schätzt:
- Vielleicht schätzt sie an der Freundschaft mit Sophie das gegenseitige Vertrauen: Jede behält Geheimnisse der anderen wirklich für sich.
- Hanna würde sich möglicherweise auch bewusst machen, dass sie Sophie´s Humor sehr schätzt. Mit Sophie kann Hanna immer viel lachen und es wird nie langweilig.
Dadurch fällt es Hanna leichter, nicht mehr so wütend zu sein. Hanna wäre entspannter, da sie nicht permanent mit dem Gedanken beschäftigt wäre, wie enttäuscht sie doch von ihrer Freundin Sophie ist. Oder es wäre leichter, die Situation als eine zu sehen, wo sie vielleicht enttäuschst ist – die jedoch gegenüber einer Vielzahl an Situationen steht, in denen sie sich zu 100% auf Sophie verlassen konnte.
4. Diskutieren
Das ist das Prinzip
Geh ins Gespräch mit einer dritten Person und sprich über deren Stärken.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Du erfährst, wie andere eine bestimmte Stärke aufgebaut haben, die dir in deiner jetzigen Situation geholfen hat. Dieses Wissen kannst du für deine Problemsituation nutzen.
Wie kann ich das konkret umsetzen?
Überleg dir eine Person, die eine Stärke hat, die du gern hättest und die dir helfen würde in der jetzigen Situation. Wichtig: Es muss möglich sein, mit dieser Person ein Gespräch zu führen. Ob persönlich, telefonisch oder per Skype ist dabei egal.
Denk explizit über eine in dir schlummernde Stärke nach, die du gern stärker einsetzen möchtest. Wer hat genau diese Stärke?
Verabrede dich mit dieser Person und erkunde deren Stärke intensiv. Der entscheidende Kniff: Du sprichst nicht (!) über dein Problem, sondern sprichst nur über die Stärke(n) dieser Person.
- Wie drückt sich aus Sicht der Person, die Stärke in einer Handlung aus?
- Wie merkt die Person, dass die Stärke ihr in einer bestimmten Situation helfen könnte?
- Wie aktiviert sie die Stärke dann?
- Übt die Person den Einsatz der Stärke aktiv oder passiert alles spontan?
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch Gelassenheit
Hanna könnte sich überlegen, sich mit ihrer Tante Helga zusammen zu setzen, die sie für ihre Geduld, Gelassenheit und Weisheit bewundert. Sie erzählt ihr NICHT (!) von dem Problem mit Sophie, sondern fragt sie zu ihrer Geduld und Gelassenheit aus.
- Sie könnte Tante Helga zum Beispiel fragen, wie sie es schafft, bei ihrem langen Arbeitsweg immer ruhig zu bleiben.
- Ihre Tante erzählt ihr dann vielleicht, dass ihr das gar nicht immer gelingt. Sondern sie beispielsweise bei Stau auch nervös wird, aber sich selbst sofort stoppt. Dass sie Merksätze hat, die sie im Kopf abspielt.
- Wenn Hanna nach diesen „Merksätzen“ fragen würde, würde ihre Tante vielleicht Sätze wie diese hier mit ihr teilen: „Du kannst es gerade sowieso nicht ändern“, „Wenn du dich aufregst, hilft dir das jetzt auch nicht weiter“, „So kann ich wenigstens das neue Hörbuch anhören.“.
- Hanna könnte ihre Tante weiter fragen, warum und wie ihr diese Merksätze helfen.
- Ihre Tante würde ihr dann vielleicht erklären, dass sie sich so klar macht, dass sie den Stau nicht verändern kann. Wie sie bewusst versucht, etwas Positives an der Situation zu finden und dass sie die Bedeutung dieses Staus in ihr ganzes Leben einbettet („der Stau wird mich in 3 Monaten nicht mehr beschäftigen“).
Das könnte Hanna auf die Idee bringen, einfach abzuwarten. Sie würde sich vielleicht intensiver damit auseinandersetzen, dass sie die Umstände der abgesagten Reise momentan nicht ändern kann und Akzeptanz ihr weiterhilft, um sich nicht aufzuregen. Wenn Hanna sich doch mal ärgert, könnte sie sich die Merksätze ihrer Tante vorsagen und damit direkt entspannter werden. Oder sich selbst entlasten vor dem Gespräch mit ihrer Freundin, in dem sie sich klar macht, dass diese Situation gemessen auf ihr gesamtes Leben sicher kein Grund ist, um Sophie die Freundschaft zu kündigen oder deswegen eine heftige Szene zu machen.
5. Eigenbeobachtung
Das ist das Prinzip
Beobachte dich an einem bestimmten Tag in der Woche. Achte auf dein Verhalten und ob du Stärken, die relevant für die Situation sind, genau richtig, zu wenig oder zu viel einsetzt.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Wenn du aktiv deine Stärken beobachtest, wird dir bewusst, ob du bestimmte Stärken bereits ausreichend einsetzt, sie mehr einsetzen könntest oder vielleicht etwas zurücknehmen willst. (z.B., wenn eine Stärke wie Bescheidenheit zu stark ausgeprägt ist und du dadurch gar nicht mehr an deine eigenen Bedürfnisse denkst oder deine Erfolge feierst).
Wie kann ich das konkret umsetzen?
- Nimm dir einen bestimmten Tag in der aktuellen Woche, an dem du dich selbst beobachtest.
- Identifiziere über den Tag mindestens 3 (besser 5-7 Stärken), die du in bestimmten Situationen einsetzt.
- Achte darauf, ob du die Stärken in genau dem richtigen Maß einsetzt, zu wenig oder zu viel.
- Übertrage deine Erkenntnisse auf deine aktuelle Problemsituation.
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch Herunterregulieren des „zu Viels“ einer Stärke
Hanna beobachtet sich einen Tag lang. Der Morgen ist bei ihr sehr stressig. Sie steht um 5:00 Uhr auf, macht sich fertig, geht mit dem Hund Gassi und bereitet ihrer kranken Oma deren Spezial-Frühstück vor. Dadurch schafft sie es nicht mehr, selbst zu frühstücken und geht ohne Frühstück zur Arbeit. Am Abend ist sie mit einer Freundin zum Kochen verabredet. Hanna ist eigentlich total k.o., aber sie geht trotzdem hin. Denn sie weiß, dass die Freundin gerade jemanden zum Reden braucht.
Hanna würde durch die Beobachtung vielleicht feststellen, dass sie sehr hilfsbereit und verständnisvoll ist. Selbstkritisch würde sie vielleicht feststellen, dass es schon fast etwas zu viel ist. Durch ihre hohe Aufopferungsbereitschaft stellt sie ihre eigenen Bedürfnisse viel zu oft hintenan. Sie könnte beschließen, dass es wichtig ist, klar und deutlich zu sagen, dass ihr Sophies Verhalten gegen den Strich geht. Und dass sie nicht selbst auf den Reisekosten sitzen bleiben will, sondern mit Sophie eine Lösung dafür findet, die nicht nur für Sophie gut ist, sondern auch für sie selbst.
6. Fragen
Das ist das Prinzip
Bitte ganz unterschiedliche Personen aus deinem Umfeld um Feedback. Erkundige dich, welche Stärken sie bei dir sehen. Nutze diese Rückmeldung zur Ideenfindung.
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Du fokussierst dich nicht nur auf dir bekannte Stärken, sondern erweiterst deinen Ressourcenkoffer um weitere Stärken. Damit erhältst du neue Möglichkeiten, mit der Stress- oder Problemsituation umzugehen.
Wie setze ich das konkret um?
Bitte möglichst viele verschiedene Personen um Feedback zu deinen Stärken. Frage Personen, die dich gut kennen, aber auch solche, mit denen du vielleicht nicht so engen Kontakt hast.
- Welche Stärken schätzen sie an dir?
- Frag explizit nach Stärken, die vielleicht nicht so offensichtlich sind!
- Bonus: Wenn du die Personen gut kennst, erzähle kurz von deiner Stresssituation oder deinem Problem und frage, welche 3 Stärken du hast, die du jetzt nutzen könntest?
Wenn du die verschiedenen Antworten gesammelt hast, mach dir eine Übersicht und frage dich:
- Welche der Stärke kann dir eine neue Perspektive geben?
- Was für eine Stärke hilft dir wirklich bei der Stress- oder Problembewältigung, welche behindert dich vielleicht dabei?
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden durch neue Optionen
Vielleicht fragt Hanna verschiedene Personen aus unterschiedlichen Kontexten ihres Lebens, welche Stärken sie bei Hanna erkennen.
- Wahrscheinlich sind ein paar Stärken dabei, die Hanna bereits von sich kennt. Beispielsweise sagen viele, dass sie total hilfsbereit ist, freundlich und humorvoll.
- Auf die Frage nach weniger offensichtlichen Stärken, erzählt ihr ihre Schwester, dass sie Hanna für sehr enthusiastisch hält, weil Hanna immer vollen Einsatz und Freude bei ihrer Tätigkeit im Obdachlosenheim zeigt. Sie engagiert sich, wo es möglich ist, und hat viele dazu motiviert, dort auch ehrenamtlich zu arbeiten.
- Ihr Nachbar sagt ihr, dass er sie für ihre Kommunikationsstärke bewundert. Als es neulich Probleme mit dem Vermieter gegeben habe (er wollte, dass zwei der Nachbarn ihre Hunde abgeben obwohl er es eigentlich vorher erlaubt hatte), hat sie die richtigen Worte gefunden, so dass der Streit nicht eskaliert.
Durch die Rückmeldung ihrer Schwester merkt Hanna vielleicht, dass sie die freigewordene Zeit noch für etwas anderes nutzen kann, das ihr wirklich am Herzen liegt. Der Konflikt und seine Bedeutung rücken dadurch vielleicht in den Hintergrund. Vielleicht nimmt die Rückmeldung des Nachbarn ihr die Angst vor dem Gespräch mit Sophie – denn durch das Feedback merkt sie, dass sie darauf vertrauen kann, die richtigen Worte zu finden.
7. Planen
Das ist das Prinzip
Du kommst ins Tun und planst ganz konkret, was du in der Situation machen willst. Du nutzt das als Ausgangspunkt, um zu überlegen, wie du deine Resilienz insgesamt stärken kannst. Damit das mit dem entspannter werden ganz entspannt klappt…
Was bringt mir das in Bezug auf meine Stress- und Problembewältigung?
Eigentlich ganz logisch: Machst du einen konkreten Plan, fällt es dir leichter, ins Tun zu kommen. Und erst wenn du etwas tust, löst du die Problemsituation. Außerdem stärkst durch deinen bewussten Stärkeneinsatz unabhängig von deinem Problem deine Resilienz.
Wie setze ich das konkret um?
Entscheide, wie du mit der Situation umgehen und welche Stärken du letztlich einsetzen willst. Plane ganz konkret, welche Schritte du wann unternehmen wirst.
Plane außerdem eine Stärkenwoche. Das Ziel ist, eine bestimmte Stärke, die dir zukünftig in Problem- oder Stresssituationen helfen kann, ganz bewusst einzusetzen.
- Entscheide dich für eine Stärke.
- Überlege dir für jeden Tag der Woche, wie du deine Stärke auf eine neuartige Weise einsetzen kannst.
- Leg fest, wann du die Stärkenwoche machst.
Übertragen auf das Beispiel: Entspannter werden, indem du etwas tust
Hanna könnte entscheiden, dass sie ihre Ehrlichkeit und Freundlichkeit einsetzen möchte, um den Konflikt mit Sophie zu lösen. Sie will das Gespräch am Mittwoch führen.
Hanna müsste nun entscheiden, ob sie es auf sich beruhen lassen will oder das Gespräch mit Sophie sucht. Sie würde entscheiden, wann sie zum Beispiel das Gespräch sucht (Mittwoch nach dem Sport) und sich genau überlegen, was sie dann sagt. Sie würde sich überlegen, welche 2-3 Stärken (Weisheit, Tapferkeit und Ehrlichkeit) sie für das Gespräch nutzen will und was das ganz konkret hieße (z.B. Sophie´s Perspektive anhören und ihr Verständnis entgegen bringen, die Enttäuschung ansprechen statt sie runterzuschlucken, der Freundin deutlich machen, dass es eine Lösung für die Kosten braucht …).
Hanna könnte sich klar werden, dass ihr der Ausbau der Stärke Authentizität helfen kann, ihre übergroße Aufopferungsbereitschaft etwas zu zügeln. Deswegen könnte sie eine Stärkenwoche wie diese hier planen:
- Montag: Mit der Familie besprechen, wie die Versorgung von Oma so laufen könnte, dass die Arbeit auf allen Schultern verteilt wird.
- Dienstag: Im Teammeeting offen ihre Meinung sagen – statt sich wie sonst zurückzuhalten.
- Mittwoch: In ihrer Mittagspause mit einer Kollegin essen gehen, über die viele andere schlecht reden, weil sie die Kollegen eigentlich sympathisch findet.
- Donnerstag: Social Media Profilen entfolgen und Klamotten entrümpeln, die eigentlich gar nicht zu ihr passen oder ihr eigentlich nicht guttun – und denen sie nur folgt bzw. die sie nur trägt, weil das ihre Freundinnen auch tun.
- Freitag: Verzicht auf Notlügen, weil es sich weniger unangenehm anfühlt.
Schreib mir in die Kommentare
- Wie gefällt dir die Idee, Stärken für die Bewältigung von Problemen, Krisen oder Stresssituationen zu benutzen?
- Auf welche deiner Stärken kannst du dich in Stresssituationen immer verlassen?
- Wer ist dein Vorbild und für welche Stärke bewunderst du diese Person? Was könntest du machen, um genau diese Stärke etwas bei dir aufzuwecken?
Dein Leben könnte eine Portion mehr Gelassenheit vertragen? Dann melde dich gern zu meinem kostenfreien Kompakttraining „Die 6 Schlüssel zur wirksamen Stressbewältigung“ an.
Juchu, das lasse ich mir nicht entgehen!
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