Jetzt mal Hand auf´s Herz: Kannst du eine Aufgabe einfach durchschnittlich erledigen und dir selbst Fehler zugestehen? Oder fällt dir das auch so schwer, weil du den Anspruch an dich selbst hast, alles perfekt machen zu wollen? Erlebst du, dass du durch deinen Perfektionismus noch mehr Druck und Stress hast? Und obwohl du weißt, dass es eigentlich „nur“ dieser vermaledeite Drang ist, alles perfekt zu machen, kannst du doch nicht damit aufhören.
Damit bist du nicht alleine. Dieses Thema betrifft sehr viele Menschen und auch ich kenne solche Situationen, dieses „zu hohe Ansprüche an sich selbst haben“ nur allzu gut.
Nicht ganz uneigennützig bin ich also eingetaucht in das Thema Perfektionismus, denn ich denke wirklich, dass ein übertriebener Perfektionismus uns nicht nur mehr Stress macht, sondern eben auch dazu führt, dass wir uns schlecht fühlen. Denn in aller Regel bleiben wir mit dem, was wir hinkriegen hinter unseren Erwartungen zurück. Weil wir unseren Ansprüchen nicht gerecht werden, werten wir uns ab und sind dann weit entfernt von der Leichtigkeit, der Gelassenheit und der Lebensfreude, die wir uns für uns wünschen.
In diesem Blogartikel teile ich mit dir, worum es beim Perfektionismus wirklich geht, wieso du dir Sätze wie „Lass mal Fünfe gerade sein“ sparen kannst, wie du den Perfektionismus hinter dir lässt, indem du dich von deinen inneren Abhängigkeiten befreist und wie du deine perfektionistische Ader sogar produktiv für dich arbeiten lassen kannst.
Worum es beim Perfektionisten wirklich geht
Perfekt sein zu wollen kann sich in so vielen Bereichen niederschlagen. Es kann sein, dass du einen perfekten Körper haben willst. Oder dass du deine Aufgaben im Job perfekt erledigen möchtest. Eine perfekte Beziehung führen. Oder ganz übergeordnet: Du willst den Drahtseilakt deiner verschiedenen Rollen (liebvolle Mutter und Tochter, leidenschaftliche Partnerin, kompetente Mitarbeiterin) perfekt hinbekommen. Nichts ist gut genug. Du kannst immer noch eine Schippe drauflegen und es noch besser, noch genauer machen.
Ein echter Perfektionist, der will vor allem eines. Fehler und Kritik vermeiden.
Wenn du perfektionistisch und akribisch auf Details achtest, alle Aspekte bei der Lösung eines Problems oder der Bearbeitung einer Aufgabe bedenkst, dann kannst du damit verhindern, dass jemand sagt: „Du hast es nicht perfekt genug gesagt, gemacht oder begriffen.“
Aber warum tust du das?
Ganz einfach: Wahre Perfektionisten haben das unterschwellige Grundgefühl, als Person nicht liebenswert, nicht wertvoll zu sein. Um dieses Gefühl, den Zweifel nicht zu spüren, setzen sie alles daran, jegliche Art von Kritik gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Bin ich ein Perfektionist?
Du weißt, dass du ein Perfektionist bist, wenn du von dir kennst, dass du
- das Gefühl hast, versagt zu haben, wenn deine Leistung durchschnittlich war
- dich selbst für kleine Fehler stark verurteilst
- dich schnell angegriffen fühlst, wenn andere dich kritisieren
- über kleine Missgeschicke noch tagelang nachdenkst
- dazu neigst, mehr auf deine Misserfolge zu schauen als auf deine Erfolge
- ärgerlich auf dich bist, wenn du nicht alles entsprechend deiner Vorstellungen erledigen konntest
- von anderen Menschen regelmäßig enttäuschst bist, weil sie nicht so handeln wie du es tun würdest
- immer dein Bestes gibst, bei allem, was du tust
- dir manchmal Sorgen machst, ob sich Menschen von dir abwenden oder dich weniger mögen, wenn deine Leistungen nicht gut genug sind
Je mehr du zustimmend genickt hast, umso perfektionistischer bist du veranlagt.
Gefährlich wird das vor allem in Kombination mit viel Stress. Denn klar setzt du dich selbst unter erheblichen Druck, wenn du von dir selbst in allen Lebenslagen fehlerfreie Höchstleistungen verlangst. Wenn die Ansprüche von außen an dich steigen, kannst du leicht das Gefühl bekommen, überfordert zu sein und den Anforderungen gar nicht mehr gerecht werden zu können. Und das ist dann letztlich, was dich krank machen kann.
Den Perfektionismus hinter dir lassen
Wenn du ein echter Perfektionist bist, dann gibt es tief in der einen Glaubenssatz, der dir sagt, dass du von anderen Menschen nur dann anerkannt wirst, wenn du perfekt bist und keine Fehler machst.
Unbewusst folgst du der Idee „Ich weiß nicht, ob ihr mich schätzen könnt. Und weil ich unsicher bin, biete ich so eine Leistung an, dass du mir die Anerkennung und Wertschätzung nicht verweigern kannst“.
Dummerweise wirst du diese Anerkennung und Wertschätzung selten in der Form bekommen, wie du sie dir wünschst oder brauchst. Denn dadurch, dass du immer alles so perfekt und glattgebügelt hinbekommst, werden andere auf dich reagieren. Ob es ist, dass sie dir sagen „Jetzt sei doch mal nicht so pingelig.“ oder ob andere dich deswegen umso kleinlicher auf einen Minifehler hinweisen. Blöderweise bestätigt dich das in deiner (falschen!) inneren Überzeugung, du müsstest es noch besser machen, um akzeptiert oder gemocht zu werden: „Wusste ich es doch, ich bin nicht perfekt genug. Ich muss mich noch mehr anstrengen.“
Klingt doch alles danach, dass wir den Perfektionismus los werden sollten, oder? Nein, würde ich sagen!
Dein Perfektionismus zeigt dir einerseits etwas über deine Abhängigkeiten, aus denen du dich befreien solltest. Er zeigt dir aber auch etwas über deine Werte und Stärken, denen du unbedingt folgen solltest.
Ulrike Bossmann
Befreie dich von deinen inneren Abhängigkeiten
Wenn du in Zukunft weniger hohe Ansprüche an dich selbst stellen möchtest und wieder zu mehr Leichtigkeit und Lebensfreude zurückfinden willst, dann schau genau hin, was dich innerlich gefangen hält.
Meiner Erfahrung nach haben alle Perfektionisten früh gelernt, dass Leistung wichtig ist. Meist gab es bereits im Elternhaus sehr anspruchsvolle Maßstäbe. Ich kenne das auch von meinen Eltern. Da war eine 1 die akzeptierte und angestrebte Note. Vielleicht waren es in deinem Fall auch bestimmte Lehrer, deren Meinung dir ganz wichtig war.
Das ist per se nicht negativ, sondern kann dazu führen, dass du in deinem Selbstvertrauen gepusht wirst.
Entscheidend ist, was ist passiert, wenn du einen Fehler gemacht hast. Wurde dieser Fehler akzeptiert? Wurdest du dabei wohlwollend unterstützt oder nicht? Haben dir deine Eltern vermittelt, dass sie dich schätzen und lieben – auch wenn du einen Fehler gemacht hast? Wenn du von deinen Eltern auch bei Misserfolgen unterstützt wurdest, konntest du lernen und spüren, dass du Ziele hoch stecken und sie verfolgen kannst ohne dich von Rückschlägen einschüchtern oder ermutigen zu lassen. Und dass Fehler oder Kritik dich nicht als Mensch vernichten.
Wenn du das jedoch nicht erlebt hast, dann kann es gut sein, dass du versucht hast, die Anerkennung deiner Eltern doch noch zu bekommen, in dem du immer besser und besser wurdest. Meist reicht das aber eben nicht. Und wenn du vielleicht ein um´s andere Mal erlebt hast, das du nicht in der Lage bist, zu bekommen, wonach du dich sehnst, entwickelst du zwar diese megahohen Erwartungen an dich selbst, zweifelst aber gleichzeitig, ob du sie erreichen kannst und entwickelst vor allem eine tiefe Angst vor den Konsequenzen, die mögliche Fehler nach sich ziehen.
Meine ganz persönliche Erfahrung
Meine Erfahrung ist, dass ich schon allein dadurch, dass ich mich selbst durchschaut habe, Abstand zu dem, was ich „loswerden“ oder verändern will, gewinne. Egal, was es ist. Es hat weniger Macht über mich, wenn ich verstanden habe (im Kopf, im Herz), was da los ist.
Ich bin mittlerweile nicht mehr durch und durch beherrscht von diesen zu hohen Ansprüchen an mich selbst. (Trotzdem schlagen sie manchmal natürlich noch durch.)
Ich kenne das vor allem im beruflichen Bereich. Wenn ich beispielsweise einen Workshop vorbereite. Ich investiere viel Zeit in die Agenda, die Erstellung der Inhalte und werfe es wieder und wieder über den Haufen, obwohl es bereits ein gut ausgereiftes Konzept ist. Ich denke dann, „so könnte es noch ein klein bisschen besser sein“. Du würdest nicht glauben, wie viele Nächte ich mir um die Ohren geschlagen haben, um meine Flipcharts noch super perfekt auszugestalten, die schönsten Bilder drauf zu malen oder Namensschilder zu basteln. Und wofür mache ich das Ganze?
Pure Angst, nicht zu genügen! Ich habe Sorge, dass die Feedbacks am Ende des Workshops nicht alle „sehr gut“ sind und damit ich selbst in meiner ganzen Kompetenz (und damit als Mensch) in Frage stehe. Früher konnte ich mir ganze Horrorszenarien zusammendenken, die das verstärkten. Zum Beispiel, dass mich ein Kunde nicht mehr bucht, wenn da eine mittelmäßige Bewertung dabei ist. Bullshit natürlich. Außerdem habe ich ja effektiv ganz andere Erfahrungen gemacht: Ich kriege sehr gute Bewertungen und das seit Jahren. Diese Angst und Sorge ist vollkommen irreal. Sie fühlte sich aber so real an und auch so wichtig, weil damit mein Wert als Mensch verbunden war. Deswegen habe ich vollkommen unreflektiert noch eine Schippe draufgelegt, damit ja keine Kritik aufkommt. Als ich dieses Muster erst einmal erkannt hatte, konnte ich mich daraus befreien.
Von der inneren Abhängigkeit hin zur freien Wahl
Die Ansprüche an sich selbst mal eben so nach unten kurbeln, das geht leider nicht mit einem Fingerschnippen. Wie du jetzt bist, das ist das Ergebnis deines Weges. Die Summe der Lernerfahrungen, die du gemacht, der Entscheidungen, die du getroffen hast und Glaubenssätzen, denen du schon ziemlich lange folgst.
Deswegen rate ich dir auch nicht, den Perfektionismus loszuwerden. Das ist ein Kampf, den du nur verlieren kannst und den du in meinen Augen auch nicht führen brauchst, denn dein Perfektionismus kann auch viel für dich tun (dazu später mehr).
Lass uns vielmehr schauen, wie du rauskommst aus der inneren Abhängigkeit und wieder innere Freiheit gewinnst. Denn für mich ist es vollkommen ok, dass du bewusst entscheidest, dass es eine bestimmte Aufgabe auch wert ist, viel zu investieren. Die bewusste Entscheidung dafür ist jedoch etwas ganz anderes als wenn du wie eine Marionette an dem Faden hängst!
Wenn du dich also aus der Perfektionismus-Falle befreien möchtest, dann nimm dir in einem ersten Schritt etwas Zeit und gehe in dich hinein. Schau wirklich hin und frag dich, wovor du eigentlich Angst hast und welche Lernerfahrungen sich in dir mittlerweile gebündelt haben in irgendwelchen Überzeugungen, die zwar nicht der Realität entsprechen, aber denen du trotzdem innerlich folgst. Frag dich zum Beispiel:
- Welche Gedanken genau tauchen auf in solchen Momenten, in denen du alles versuchst, perfekt zu machen, es aber trotzdem gefühlt nicht reicht?
- Was genau befürchtest du, wenn du nicht perfekt bist?
- Woher kommt diese Sorge, was ist der Ursprung? Gibt es bestimmte Lebensereignisse, die du erinnerst und die dich geprägt haben?
- Welche Aufgaben erledigst du übermäßig gewissenhaft, genau und perfekt, um nur ja keine Fehler zu machen?
Ein Tipp am Rande: Manchmal brauchen wir „nur“ eine neue story
Wenn du so für dich hinschaust, dann schmeck mal nach innen ab, ob die Geschichte, die du dir über dich erzählst („Ich bin ein perfektionistischer Mensch und das stresst mich total“) tatsächlich stimmt. Manchmal haben wir uns nämlich schon längst weiterentwickelt und unsere Selbstbeschreibungen sind nur noch nicht hinterhergekommen.
Erst neulich hat eine Kursteilnehmerin aus meinem Online-Kurs „Glückspfad statt Hamsterrad“ einen sehr aufschlussreichen Moment mit mir geteilt. Es ging um das Modul zum Selbstwert. Sie sagte, dass sie immer geglaubt habe, dass sie einen total geringen Selbstwert besitzt und sich nicht selbst schätzt. Durch das Modul, meinen Input und die Übungen hatte sie einen erhellenden Moment: Dieses Bild war eine ganz alte, verstaubte Version von ihr. Ihr ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht aufgegangen, weil sie durch die Übungen gemerkt hat, dass sie genau die Dinge, die für einen stabilen und gesunden Selbstwert wichtig sind, mittlerweile macht. Sie hat gspürt, dass sie sich über die letzten Jahre bereits weiterentwickelt hatte und nun über einen guten Selbstwert verfügt.
Sie war total erleichtert und befreit von so viel Last. Und das ohne zu ackern. Es ging in diesem Moment nicht darum, an dem Selbstwert zu arbeiten, sondern bewusst hinzuschauen, ob die Vorstellung von sich selbst überhaupt noch mit dem aktuellen „Ich“ übereinstimmt. Festzustellen, dass es nicht so ist und sich zu freuen über die abgefallenen negativen Gefühle und diesen Entwicklungsfortschritt!
Auch du kannst hinschauen, ob dein Bild über dich und den Perfektionismus wirklich mit deinem jetzigen Entwicklungsstand übereinstimmt.
Prüfe genau, ob du wirklich in allen Lebensbereichen ein Perfektionist bist. Oder ob es dir in bestimmten Bereichen vielleicht gelingt, bereits unabhängig von diesem inneren Drang, alles perfekt machen zu müssen, zu handeln. Vielleicht stellst du fest, dass dein Problem und deine innere Abhängigkeit gar nicht so groß ist wie du dachtest. Dann kannst du dich nämlich auch von einem Glaubenssatz verabschieden („Ich nehme jetzt Abschied von dir und sage Tschüss!“)
Dem Perfektionismus konstruktiv begegnen
Wenn du tatsächlich noch gefangen bist in deinem Perfektionismus, dann kannst du ansetzen an deiner inneren Überzeugung, dass du nur wertvoll bist, wenn du etwas leistest und fehlerfrei durch dein Leben gehst.
Nimm mich und mein Beispiel: Die Vorstellung, dass ich weniger Anerkennung oder Wertschätzung verdient hätte, selbst wenn ich im Workshop einmal einen Fehler mache oder ein Teilnehmer Kritik übt, wenn ein Flipchart nicht perfekt ist, das ist absurd! Ich machte (und mache es manchmal noch heute) mir Druck und mich selbst abhängig von einem Ergebnis von außen, das ich ohnehin nicht in der Hand habe. Ich habe nicht in der Hand, was Workshopteilnehmer wirklich lernen. Egal, wie sehr ich mich bemühe. Mir vor Augen zu führen, dass ich deswegen meinen Wert als Menschen oder auch meinen professionellen Wert davon nicht abhängig machen sollte, das hilft mir. Und es kann auch dir helfen.
Lerne, dich selbst wertzuschätzen für das, was und wer du bist. Ganz unabhängig von den Ergebnissen. Dafür kannst du deine Selbstliebe und dein Selbstwertgefühl allgemein steigern oder auch umfokussieren von den Ergebnissen hin zu deinem Einsatz und deinen Bemühungen.
Finde für dich ein passendes Mantra, das dir helfen kann wie beispielsweise: „Ich darf auch Fehler machen und daraus lernen.“ oder „Ich bin wertvoll und liebenswert und ich schätze, dass ich mich bemühe, das Beste zu geben.“.
Wieso du dir Sätze wie „Lass mal Fünfe gerade sein“ sparen kannst
Viele Perfektionisten, die ich kenne, versuchen sich selbst zu sagen: „Lass doch mal Fünfe gerade sein“. Manche hören es auch von außen. Im Berufsalltag kenne ich das von meinen Coachingkunden so nach dem Motto: „Jetzt erledigen Sie das mal zack, zack. 80 Prozent reichen hier und dann geht es weiter.“. Egal, in welcher Gestalt diese Idee von „weniger reinbuttern“ daherkommt, sie wird nicht funktionieren.
Warum nicht?
Nun, zuerst einmal, weil du erst dein Grundthema dahinter („Ich bin wertvoll auch ohne das Ergebnis“) auflösen müsstest, damit ein solcher Satz überhaupt funktionieren kann.
Aber es gibt einen zweiten Grund, den ich auch ganz wichtig finde und der oft übersehen wird. Hinter deinem Perfektionismus, da verbergen sich auch Stärken, Talente und Werte.
Beispielsweise ein Sinn für Komplexität, einem Streben nach Ganzheit oder Vollkommenheit. Vielleicht auch der Wert Gewissenhaftigkeit. Durch einen Satz wie „Lass mal fünfe gerade sein“ werden diese Stärken, Talente und Werte mit den Füßen getreten. Das kann nicht funktionieren. Ein Teil von dir wird immer dagegen rebellieren.
Nutze deinen Perfektionismus für Flow-Momente
Eine Art funktionaler Perfektionismus kann dir dabei helfen, deine Werte und Stärken auszubauen. Und dadurch Flow-Momente zu erleben.
Lass mich auf mein Beispiel zurückkommen. Wenn ich einen anderen Blick auf mein Bemühen lenke, mein Bestes zu geben in der Workshopvorbereitung, dann zeigt sich neben der Angst und Sorge nämlich auch noch was anderes. Ich komme in Kontakt mit meinen Stärken und Werten.
- Ich bin ein kreativer Mensch mit einem Sinn für schöne Dinge. Wenn ich mir überlege, wie ich die Flipcharts schön gestaltet könnte, Schriften verziere, bunte Bildchen male oder auch Namensschilder bastele, dann setze ich genau diese Stärken ein. Und bin am Ende in einer Workshopumgebung, die mich selbst erfreut.
- Mir ist es ganz wichtig, dass meine Teilnehmer wirklich profitieren und sich etwas für sie Positives aus den Workshops entwickelt. Durch meine Empathie bin ich in der Lage, mich in unterschiedliche Bedürfnisse hineinzuversetzen und denen möchte ich gern gerecht werden.
- Ich lege viel Wert auf eine gut abgestimmte Workshopvorbereitung. Das ist Ausdruck meines Wertes Exzellenz und der gebe ich Ausdruck, in dem ich mir Mühe gebe.
Ich könnte noch weiter machen, aber du verstehst das Prinzip, oder?
Wenn du dir klarmachst, dass dein Perfektionismus auch Ausdruck deiner Stärken und Werte ist, tut sich da nicht ein ganz anderes Bild für dich auf?
Das Bild geht weg von der Perfektionismus-Falle hin zu einer, ja sagen wir, Perfektionismus-Lupe, die dir dabei hilft, deine Stärken und Werte genauer zu untersuchen.
Wenn du jetzt einfach mal überlegst, an welchen Stellen dein Perfektionismus mehr oder minder mit dir durchgeht: Was sind Stärken oder Werte, die durch dieses Streben nach Perfektion zu Tage kommen?
Du brauchst Anregungen? Dann hilft dir vielleicht diese Aufzählung von Stärken und diese Werte-Liste.
Bewusst balancieren
Wenn du zukünftig mit einer Aufgabe konfrontiert bist und merkst, dass dein Perfektionismus-Schalter anspringen will, frage dich, ob du hier wirklich besonders viel investieren willst, weil es deinen Stärken entspricht und du deine Werte lebst oder ob du das machst, weil du aus der Abhängigkeit und der Angst heraus handelst!
Das allein wird schon an vielen Stellen zu veränderten Entscheidungen führen.
Wenn dir das allein nicht reicht, mach eine persönliche Challenge daraus. Stell dir die nächsten 5 Aufgaben vor (z.B. die eines Tages o.ä.). Wenn du davon nur eine perfekt machen darfst, welche wäre das? (Denk an deine Stärken und Werte, damit du den Flow-Zustand auskosten kannst J).
Und dann komme ins Handeln. Eine darf perfekt sein, die anderen vier nicht. Wenn du noch am Anfang stehst, dann leg dein Verhältnis selbst fest. Vielleicht sind es auch vier, die du zum Start perfekt machst und eine unperfekt. Danach reduzierst du Stück für Stück.
Mit Hilfe dieser kleinen Challenge entscheidest du wieder bewusst. Du machst dir dann klar: Wofür lohnt es sich, diese zwanzig Minuten mehr zu investieren? Was ist mir wichtiger? In dem Moment, in dem du dich für eine Sache entscheidest, kann dir das ganz schön viel Anspannung und Druck sparen…Dieses Mal bin ich besonders neugierig auf deine Gedanken und deine Meinung! Wahrscheinlich, weil es ein Thema ist, das mich mit seinen Aspekten selbst sehr lange massiv beschäftigt hat. Lass deine Meinung da oder teile mit uns auch, welche Erfahrungen du mit Frau bzw. Herrn Perfektionismus gemacht hast und wie es dir gelingt, wieder mehr innere Freiheit zu fühlen.
PS: Sharing is caring: dir hat der Artikel „Zu hohe Ansprüche an sich selbst: so entkommst du der Perfektionismus-Falle“ gefallen? Dann teile ihn jetzt mit deinen Liebsten und mit allen Menschen, denen das Wissen auch weiterhelfen kann. Dankeschön!
Der türkisblaue balken links im bild stört beim lesen!
Ansonsten toller Text!
Lieber Thorsten, vielen Dank für dein Feedback. Habe zuerst gedacht, was du mit dem blauen Balken meinst, aber habe erst durch dein Feedback bemerkt, dass diese Like-Buttons in der mobilen Ansicht total nervig reinrutschen in den Text. Also danke dafür – hatte ich noch nie bemerkt und ich werde mal schauen, wie ich das lösen kann. Ansonsten freut es mich natürlich sehr, dass du mit dem Text etwas anfangen kannst und er nützlich für dich ist! Alles Liebe
Perfektionismus wird besonders im Job reingedrückt. Ich arbeite im IT Helpdesk (telefonischer Kundenkontakt auf IT-Basis). Würde ich hier meinen eigenen Perfektionismus spielen lassen, würden manche Tickets noch tage bei mir herum liegen. Hier muss ich allerdings die Sorgfalt mal etwas vernachlässigen, damit ich die nötige Schnelligkeit habe.
Lasse ich die liegen, bekomme ich dann allerdings eine Beschwerde vom nächsten IT-Level, dass notwendige Informationen fehlen. Leider sind das nur Kleinigkeiten (aus meiner Sicht, die andere auf die Palme bringen).
Wir dürfen uns nicht auf den Rechner der Kunden schalten; das darf nur der nächsthöherer Level machen. Er könnte die notwendigen Informationen selber holen, aber beschwert sich lieber bei uns.
Und dann gibt es noch Kollegen in meiner Firma, die die Qualität der Tickets überwachen. Die monieren sehr häufig, dass auch bestimmte Informationen fehlen. Aber während die vielleicht ein Ticket begutachten, bin ich womöglich beim Anruf beim fünften Ticket.
Würde ich Qualität machen nach dem Anruf, wäre unsere Statistik fast jeden Tag bei 0 % statt die geforderten 100 %.
In meinem Beruf geht der geforderte Perfektionismus gar nicht, der von anderen aber eingefordert wird, die nicht am Telefon hängen und den Kunden direkt am Ohr haben.
Das stimmt – oft sind die Erwartungen und Anforderungen sehr hoch und insbesondere in servicenahen Jobs ist das, was manchmal alles parallel (schnell einerseits und natürlich ohne Qualitätsverlust andererseits) gefordert wird, eine schier unlösbare Aufgabe. Das, was du beschreibst, empfinde ich als klassische Zwickmühle, als Dilemma. Egal, wie du es machst, du machst es falsch. Zu gewinnen gibt es wenig, zu verlieren viel. Alles hängt mit allem zusammen, weswegen jede Entscheidung für oder gegen das eine auch automatisch Konsequenzen nach sich zieht. Ich habe selbst dazu ein Buch geschrieben. „Wege aus beruflichen Zwickmühlen. Navigieren im Dilemma“ heißt es. Es ist bei Vandenhoeck & Ruprecht erschienen. Denn tatsächlich sind Situationen, wie du sie beschreibst, besonders tricky und stresserzeugend… Beim Navigieren durch diese beruflichen Untiefen wünsche ich dir viel Erfolg und eine gute Selbstachtsamkeit!
Vielen vielen Dank für diesen erhellenden Artikel! Vieles wurde mir zuvor schon über meinen Perfektionismus bewusst. Während des inspirierenden Lesen bin ich auf folgenden schönes Satz gekommen: „Ich freue mich, wenn ich einen Fehler mache, weil ich in diesem Moment den Anderen die Möglichkeit gebe, mich trotz meiner Fehler zu lieben.“
Mir ist nun einiges deutlich klarer und hab sogar unmittelbar eine innere Last abwerfen können!!
Liebe Grüße,
Jakob
Lieber Jakob,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich so sehr, dass der Artikel und meine Anstöße dich auf deinem Weg begleiten und inspirieren 🙌. Was für ein Geschenk, dass du dadurch etwas Schweres hinter dir lassen konntest. Das berührt mich echt und lässt mich dankbar zurück! Deinen Satz finde ich schön und treffend und denke, er kann auch andere, die ihn lesen, dazu ermuntern, sich im Unperfekten zu üben, weil dadurch neue, wichtige Chancen entstehen 🌻. Alles Liebe für deinen weiteren Weg!
Liebe Ulrike,
herzlichen Dank für diesen interessanten Artikel – ich habe mich bei so vielem wiedergefunden.
Ich habe festgestellt, dass es mir hilft, mich bei einer Tätigkeit immer wieder zu fragen, ob es jetzt ausreicht. Dann mache ich immer noch viel, aber nicht mehr so viel, wie wenn der Perfektionismus ungebremst daher kommt. Und der Vorteil ist, dass ich mit dem Ergebnis dann zufrieden bin.
Herzliche Grüße
Sabine
Liebe Sabine,
es freut mich sehr, dass dir der Artikel gefallen hat! Und es ist super, wenn du mit dem immer wieder bewussten Hinterfragen, ob du nicht eigentlich schon genug gemacht hast, eine effektive Strategie für dich gefunden hast. Vielen Dank, dass du deinen Tipp hier mit uns teilst. 🙂
Ganz lieben Gruß
Ulrike
Vielen Dank für die schönen Worte. Ich bin zur Zeit in einer geschlossenen Anstalt, in der ich mich selbst eingewiesen habe. Ich bin 31 und versuche seit ich 15 bin immer 200% zu geben. Seit 2 Jahren bin ich verheiratet und wir haben 3 wundervolle Kinder. Ich habe viel zu viel Wert auf meine Arbeit und darauf was andere von mir halten gelegt. Man ich war so ein Idiot, nicht zu sehen was ich geschaffen habe. Ich habe mir nur Zeit genommen zu sehen was ich nicht geschafft habe. Zusätzlich habe ich in 7 Jahren 2 Häuser mit meinen eigenen Händen das schuldenfrei gebaut. Meine Gott, wie verblendet ich war. Danke, danke, danke.
Lieber Frederick,
vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich sehr zu hören, dass dir der Artikel weitergeholfen und den ein oder anderen Aha-Moment verschafft hat. Klingt als hättest du einen ganz schönen Weg hinter dir. Und es zeigt sich an deinem Kommentar: Der Weg und das bewusste „an sich arbeiten“ lohnt sich. Wunderbar, dass du dran bleibst und bist. Ulrike
Liebe Ulrike,
soweit sehr einleuchtend, dein Artikel. Was mache ich aber, wenn die Ansprüche an mich schon immer so hoch waren, dass ich ihnen nicht gerecht werden konnte? Die Erfahrung zu machen, dass es einfach nicht reicht, hat bei mir über viele Jahre dazu geführt, dass ich im Kopf immernoch perfektionistische Ansprüche an mich selbst habe, aber oft garnicht mehr versuche, sie zu erreichen, weil das über meine Kräfte geht und mich stattdessen selbst dafür verurteile, es eben nicht zu schaffen.
Oft versuche ich zwar noch, in einem Bereich gut/sehr gut zu sein, aber selbst wenn ich es zu 90% vllt schaffe und nur einen kleinen Teil nicht bewältigen kann/ Hilfe brauche etc., ist auch der gesamte restliche Teil, den ich geschafft habe, wertlos.
In meinem Kopf ist nur etwas, was ich zu 100% und komplett allein geschafft habe, etwas wert. Sei es Hausarbeit, die Planung eines Urlaubs/einer Feier/…, mein Muttersein, ein Projekt,… Sobald ich auch nur minimal Hilfe annehme oder etwas nicht ganz zu meiner Zufriedenheit klappt, ist alles wertlos.
Und wenn ich es komplett allein bewältige, ist es aber auch bloß nichts besonderes und nichts, worauf ich mir etwas einbilden kann, denn das schaffen andere Leute ja auch.
Unnötig zu erwähnen, dass gute Noten für meine Eltern früher nicht der Rede wert waren, jeder Fehler aber penibel unter die Lupe genommen wurde…
Liebe Anne,
das freut mich, dass du etwas für dich rausgezogen hast! Und ja, die Antreiber und erlernten Verhaltensmuster, das sind schon hartnäckige Dinger! Aus dem, was du beschreibst, habe ich an zwei Artikel gedacht, die ich hier bereits veröffentlicht habe. Im besten Fall kannst du aus ihnen auch etwas für dich rausziehen. Schau mal hier: https://soulsweet.de/innere-antreiber-sich-anstrengen/ und https://soulsweet.de/sei-stark/. Ich wünsche dir, dass du deine Antreiber für dich – vielleicht auch mit Hilfe der beschriebenen Erlaubersätze – Stück für Stück mehr selbst steuern kannst. Und dass es dir insgesamt gelingt, dein Selbstvertrauen und deine Selbstannahme zu stärken. Auch dazu gibt es hier auf dem Blog übrigens bereits einige Artikel! Alles Liebe für dich.
Eigentlich sehr traurig, das wir so deformiert werden und unser wahres Wesen und erste Natur gar nie nicht auszuleben vermögen, sondern immer nur zu funktionieren haben und als Forderungserfüllungsgehilfen unser Leben fristen. Nicht alle aber Viele!! Und dieses Ausmerzen von….ist die Krux, das hinzubekommen….Tja das Leben ist nunmal etwas besonderes…..nicht einfach zu bewältigen…..beginnen wir uns selber zu beglückwünschen, jeden Morgen: meine Liebe du bist die Beste die es je gibt
LG Elke
Liebe Ulrike,
Ich bin zwar erst 15 und habe seit ziemlich genau einem Jahr (als das Homeschooling begann…) enorme perfektionistische Probleme. Die hatte ich zwar auch schon davor, nur wenn sich Perfektionismus mit Procrastination koppelt, ist es echt schwierig einen kühlen Kopf zu behalten. Ich habe jetzt tatsäxhlich geschafft, mein Procrastinationsproblem zuemlich zu minimieren, hab aber noch viiiel Arbeit im Bereich Perfektionismus und Erwartungen an mich selbst zu tun. Ich bekomme manchmal wirklich in Phasen, wo ich weniger schaffe als ich eigentlich möchte oder nicht viel leiste deppresive Symptome verbunden mit allem möglichen bis hin zu … Dieser Artikel hat mir die Augen geöffnet, das ist haargenau wie’s mir geht. Es ist schwer, aber ich will hier rauskommen. Ich werde nicht aufgeben.
Liebe Maike,
tausend Dank für deinen lieben Kommentar. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Homeschooling eine echte Herausforderung ist und nochmal ganz neue Anforderungen an dein Selbst- und Zeitmanagement stellt. Glückwunsch, dass du das Prokrastinations-Thema so gut in den Griff bekommen hast, das ist total wertvoll 👏! Und ich bin mir sicher, dass es dir auch gelingen wird, deine innere Perfektionistin zu zähmen. Wichtig ist nur, dass du geduldig mit dir bist und dranbleibst. Denn solche verinnerlichten Denkmuster verschwinden natürlich nicht von heute auf morgen. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg bei deinem Vorhaben und schicke dir liebe Grüße
Ulrike
Liebe Ulrike,
Ich glaube ich habe mich beim Lesen echt wiedergefunden und bin zum ersten Mal zum Nachdenken in die richtige Richtung gekommen.
Ich bin gespannt, ob sich da in mir was ändern wird, ich bin als Architekt gewohnt, alles perfekt machen zu müssen, da steckt unheimlich viel gedankliche Arbeit in einem Entwurf drin und ich glaube, dass mein Problem ist, dass sich dieses Perfektionsdenken auch in meinen Alltag eingeschlichen hat. Die neun Fragen treffen allesamt zu. Ich fühle mich für alles verantwortlich und will auch alles selbst erledigen, um den anderen nicht zur Last zu fallen.
Zur Zeit kämpfe ich vor allem mit dem „ärgerlich werden“, wenn was nicht so perfekt läuft, das macht es meiner Familie sehr schwer.
Danke für diesen tollen Artikel.
Viele Grüße
Michael
Lieber Michael,
vielen Dank für dein tolles Feedback! Es freut mich riesig, dass dir der Artikel weitergeholfen und dich zum Nachdenken angeregt hat. Und ja, sicher ist es eine Herausforderung, den Perfektionsgedanken hinter dir zu lassen, wenn er in deinem Job eine so große Rolle spielt. Ich wünsche dir, dass du eine gute Balance findest und den Perfektionisten in dir für dich arbeiten lassen kannst, statt umgekehrt. Dass du ihn als dein Thema erkannt hast, ist dafür schon mal ein erster wichtiger Schritt.
Liebe Grüße,
Ulrike
Hallo. Ich versuche mal die erste Lektion umzusetzen: Danke ❤️
Lieber Marcel,
ich danke dir für deinen Kommentar und wünsche dir ganz viel Erfolg bei der Umsetzung! Schön, dass dich der Artikel motiviert hat, ins Tun zu kommen 🙌.
Viele Grüße,
Ulrike
Liebe Ulrike,
Treffer versenkt! Ich hab mich selten so in einem Text wiedergefunden, wie in diesem hoffnungsschöpfenden und ehrlichen Artikel!
Auf der Suche nach einem Grund, weshalb ich so schlecht Abschalten kann, bin ich über ihn gestolpert und siehe da, ganz viel von dem, was du schreibst passt wie die Faust auf‘s Auge.
Ich hab auf meiner Suche schon vieles auf deiner Seite gelesen und danke dir, für den Input und vor allem die Lösungsansätze! Ich hoffe ich werde nicht vor lauter Perfektionismus in die „ich kann nicht anfangen, weil ich es nicht perfekt mache“-Hilflosigkeit verfallen. 😅🍀🙈💪🏼
Liebe Grüße,
Dana
Liebe Dana,
wie schön, dass du dich in dem Artikel wiedergefunden hast und etwas für dich herausziehen konntest!
Ich finde es super, dass du an dir arbeiten und deiner inneren Perfektionistin die Stirn bieten möchtest, denn ich kann mir gut vorstellen, dass sie einer der Hauptgründe ist, warum dir das Abschalten schwer fällt.
Jetzt heißt es Umsetzen – und dir dabei immer bewusst die Frage stellen, wo dir dein Perfektionismus dienlich ist und wo du ihn getrost über Bord werfen kannst 🙂
Viele Grüße
Ulrike