Nein, ich werde dir hier nicht die EINE BOMBENSICHERE Sache anpreisen, mit der du das Ruder rumreißt und wie von Zauberhand auf glücklich umschaltest. Ich glaub nämlich nicht an sowas. Ich glaube sogar: Die meisten Menschen setzen ihren Fokus falsch. In diesem Artikel zeige ich dir, woran es wirklich liegt, wenn du unglücklich bist – und wo du am besten ansetzt, um das zu ändern.
„Ich bin unglücklich. Was kann ich tun?“
Vielleicht hast du das auch schon mal Dr. Google gefragt. Dann kommen Artikel mit Ratschlägen, die in diese Richtung gehen:
- „Lächle mehr – das erhellt die Stimmung!“
- „Geh mal in die Sonne – Vitamin D und so, du weißt schon.“
- „Mach Sport, das macht glücklich!“
- „Denk positiv – positive Gedanken = glücklicheres Du!“
- „Setz auf Dankbarkeit, das funktioniert total gut.“
Diese Tipps sind gut gemeint. Sie bekämpfen aber oft eher die Symptome als die eigentliche Ursache.
Falls du jetzt den Impuls hast, wegzuklicken, weil du bezweifelst, dass du in diesem Artikel sinnvollere Anregungen findest – lass es. Denn hier packen wir deine Unzufriedenheit an der Wurzel.
Ich habe in meiner Praxiserfahrung drei Probleme besonders häufig beobachtet, die ich dir näherbringen möchte.
Die Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt sicher noch andere Gründe, unglücklich zu sein, beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen. Wer trauert, ist unglücklich. Das ist normal und dann hilft Trost und Geduld. Genauso geht dieser Artikel nicht auf strukturelle Ungleichheit oder Ungerechtigkeit ein. Auch etwas, das unglücklich machen kann.
Faktoren wie diese liegen leider häufig nicht oder zumindest nicht gänzlich in unserer Hand. Die Gründe, die ich dir gleich nennen werde, aber schon.
Lass uns also über Ursachen sprechen, die innerhalb deines Handlungsspielraums liegen. Und an denen du sofort ansetzen kannst – ohne dich abhängig von anderen oder von äußeren Umständen zu machen.
Drei Probleme, die Menschen unglücklich machen
1. Problem: Du bist unglücklich, weil du dich nicht gut genug kennst
Gehe kurz in dich und …
💪🏼 zähle 15 deiner Stärken auf oder nenne 15 Dinge, die dich auszeichnen
🧭 überlege dir 5 Werte, die dir besonders wichtig sind
🤩 nenne 7 Aktivitäten, die dir total Spaß machen
💛 denke an 3 Dinge, die dich nachhaltig glücklich machen
🎯 benenne 5 Ziele, die du in deinem Leben unbedingt erreichen möchtest
Wie leicht fällt dir das?
Es ist eher schwer?
Dann sind wir schon beim ersten Problem angelangt.
2005 zeigten drei Psycholog:innen der Universität Michigan, dass diejenigen Menschen am glücklichsten sind, die ein erfülltes Leben führen [1].
Ein solches erfülltes Leben hängt mit vielem zusammen. Unter anderem damit, eigene Stärken zu kennen und sie einzusetzen – vor allem solche, die dazu beitragen, wichtige Bedürfnisse zu befriedigen und Sinn in deinem Leben zu spüren [2].
Aber nicht nur Stärken spielen eine Rolle, wenn es um dein Wohlbefinden geht, sondern auch persönliche Werte. Das fand 2020 ein Forscherteam aus Japan heraus. In ihrer Studie zeigte sich, dass Menschen, die stärker nach ihren Werten lebten, psychisch gesünder waren und ein höheres Wohlbefinden aufwiesen [3].
Welche Werte die für dich wichtigsten sind, ist unerheblich – Hauptsache, sie sind dir bewusst!
Denn deine Werte zu kennen, hilft dir auch, deine Lebensziele so festzulegen, dass du unzufrieden und viel glücklicher wirst:
- Wenn Menschen sich Ziele im Leben setzen, die ihren persönlichen Interessen und Werten entsprechen, sind sie optimistischer, was ihre Zukunft angeht [4].
- Und sie machen größere Fortschritte beim Erreichen ihrer Ziele, was sie wiederum zufriedener macht [5].
Du siehst: Es ist schlau, sich mit deinen Stärken, Werten und Zielen zu beschäftigen und wirklich persönliche Antworten zu finden, statt dich zu vergleichen oder irgendwelchen Normen oder Erwartungen der Gesellschaft nachzujagen!
Es sind nicht die glücklicher, die die beste Version ihrer selbst sind, sondern die, die die authentischste Version ihrer selbst sind.
Lass mal die folgenden Fragen in dir wirken oder denk bei einem Spaziergang über sie nach:
- Würdest du von dir sagen, dass du nach den Werten und Interessen lebst, die dir wichtig sind?
- Hast du deine Ziele im Leben so gestaltet, dass sie wirklich zu dir passen?
- Setzt du deine Stärken bereits aktiv ein, um diese Ziele zu verfolgen?
2. Problem: Du bist unglücklich, weil du einen ungünstigen Umgang mit vergangenen Situationen und (negativen) Gefühlen hast
Vielleicht hast du bei dir auch schon mal beobachtet, dass du dich an vergangenen Erlebnissen aufhängst und noch ewig darüber nachdenkst, was du getan oder nicht getan hast – oder auch, was andere wie gemeint haben, warum etwas genau so laufen musste oder dergleichen.
Unglückliche Menschen unterscheiden sich von glücklichen in der Art und Weise, wie sie mit Erfahrungen, Erlebnissen und belastenden Gefühlen umgehen.
Unglückliche Menschen neigen dazu, vergangene Erlebnisse schwarzzumalen…
Rund um die Jahrtausendwende haben sich die Forscherinnen Sonja Lyubomirsky und Kari Tucker mit dem Zusammenhang zwischen Unglücklichsein und der Art, wie Menschen Erlebnisse interpretieren, beschäftigt [6].
Als sie Menschen zu guten und schlechten Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit befragten, fanden sie heraus, dass…
- glückliche Menschen generell positiver davon berichteten und auch die guten Seiten in negativen Erfahrungen sahen, z.B. dass die Trennung ihrer Eltern super viel Anspannung rausgenommen hat,
- während unglückliche Menschen sich selbst bei eigentlich schönen Erlebnissen auf die negativen Dinge fokussierten, z.B. nach einem Urlaub daran dachten, wie weit sie dieser in ihrer Arbeit zurückgeworfen hat.
Dass es diesen Unterschied im Umgang mit Erfahrungen zwischen unglücklichen und glücklichen Menschen gibt, hat sich auch in anderen Studien immer wieder bestätigt.
…und mit ihren Entscheidungen zu hadern
Sonja Lyubomirsky hat mit ihrem Kollegen Lee Ross sogar herausgefunden, dass unglückliche Menschen mehr Schwierigkeiten damit haben, hinter ihren Entscheidungen zu stehen [7].
- In der Studie wurden die Studienteilnehmenden gebeten, 10 Desserts (von Schoko-Walnusskuchen bis Erdbeer-Sahnetorte) danach zu ordnen, wie gern sie sie mögen würden.
- Sie bekamen anschließend das Dessert zu essen, welches sie auf Platz 2 gewählt hatten.
Glückliche Menschen mochten das ihnen zugewiesene Dessert, nachdem sie erfahren hatten, dass sie es erhalten würden, mehr als vorher. Unglückliche Menschen weniger.
Noch interessanter ist aber, wie die Bewertung der Desserts ausfiel, die sie nicht bekamen. Während sich diese bei Glücklichen nicht wesentlich veränderte, gaben unglückliche Teilnehmende den verschmähten Leckereien deutlich niedrigere Beliebtheitswerte als vorher.
Warum?
Wohl um sich selbst einreden zu können, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und diese nicht zu bereuen.
Die Konsequenz: Eine Welt mit wesentlich unattraktiveren Dessert-Optionen.
Was passiert, wenn wir dieses Muster auf andere Bereiche des Lebens übertragen?
Wenn Menschen ständig damit kämpfen, ihre Entscheidungen vor sich zu rechtfertigen und dafür alle restlichen Alternativen abwerten?
Wichtig zu verstehen ist: Es ist ganz normal, mal in der Vergangenheit zu hängen oder sich mal über getroffene Entscheidungen und das eigene Verhalten zu ärgern. Wichtig ist nur, dass du insgesamt einen konstruktiven Umgang damit findest.
- Dass du lernst, in dich und deine Entscheidungen zu vertrauen und nicht ständig alles zu hinterfragen.
- Dass du mitfühlend mit dir bist, wenn du mal eine Entscheidung getroffen hast, mit der du nicht so glücklich bist.
- Und dass du solche Momente nicht als Katastrophe, sondern als Lernchance ansiehst, um in Zukunft bessere Entscheidungen für dich und dein Leben treffen zu können.
Unglückliche Menschen unterdrücken ihre Gefühle
Viele Menschen glauben, dass sie nur glücklich sind, wenn sie immer und überall mit einem Grinsen herumlaufen. Sobald ein „negatives“ Gefühl wie Ärger oder Angst aufkommt, unterdrücken sie es. Das ist aber keine gute Idee und trägt leider dazu bei, unglücklich zu sein oder zu bleiben.
Das fand die Psychologieprofessorin Maya Tamir mit ihrem Team 2017 in einer Studie heraus [8]. Sie befragten
- über 2.000 Menschen
- aus acht verschiedenen Ländern
- zu ihren gewünschten und tatsächlich durchlebten Emotionen in ihrem Alltag und zu ihrem Wohlbefinden.
Generell erlebten die Menschen im Alltag häufiger unangenehme Emotionen als sie gerne wollten und gleichzeitig weniger angenehme Gefühle als sie sich wünschten. (Das ist normal, denn unser Gehirn hat evolutionsbiologisch begründbar einen Hang, das Negative mehr wahrzunehmen als das Positive.)
Interessanterweise waren diejenigen Menschen glücklicher, die häufiger die Emotionen erlebten, die sie wirklich erleben wollten. Es war egal, ob die gewünschten Emotionen angenehm (z.B. Liebe oder Aufregung) oder unangenehm (z.B. Wut oder Hass) waren.
Die Studie deutet also darauf hin, dass zum Glücklichsein auch das Erleben von unangenehmen Emotionen gehört, wenn sie sich stimmig anfühlen.
Bedeutet für dich: Versuche, dich insgesamt mehr auf die positiven Emotionen zu fokussieren, aber gib auch negativen Gefühlen den Raum, den sie brauchen.
Du wirst merken – sobald du alle Emotionen akzeptierst und einen konstruktiven Umgang mit negativen Gefühlen findest, wirst du weniger unglücklich, mehr im Einklang mit dir und dadurch zufriedener sein.
Denn du lebst das Leben dann in all seinen Facetten: Von rosarot bis kackbraun.
3. Problem: Du bist unglücklich, weil du in ungesunden Beziehungen steckst
Damit du so richtig glücklich sein kannst, brauchst du gesunde, positive und unterstützende Beziehungen.
In einer aktuellen, 2022 veröffentlichten Studie befragte ein amerikanisches Forscherteam die Studienteilnehmer:innen zu ihren Beziehungen mit anderen Menschen [9]. Es war egal, welche Art von Beziehung sie zu dieser Person hatten – sie sollte nur wichtig für sie sein.
- Sie fanden heraus, dass sich die Menschen besser fühlten, je mehr sie das Gefühl hatten, dass die andere Person für sie da war.
- Es spielte keine Rolle, ob sie zu der Person im realen Leben Kontakt hatten, oder ob sie sich online kennengelernt hatten und hauptsächlich virtuell kommunizierten.
Der riesige Einfluss sozialer Beziehungen auf unser Wohlbefinden zeigt sich aber nicht erst im Erwachsenenalter. Von Kindesbeinen an gehören sie zu den wichtigsten Voraussetzungen eines glücklichen und erfüllten Lebens.
Eine über 30 Jahre anhaltende Langzeitstudie befasste sich mit den Folgen von Familienverhältnissen auf das Glück und die Gesundheit von Kindern [10].
Das Team kam zu folgenden Ergebnissen:
- Familien, in denen die Mitglieder gut miteinander auskamen und
- sich gegenseitig in der Kindheit und Jugend unterstützten,
- formten eine Basis für positive Familienbeziehungen als Erwachsene.
- Positive Familienbeziehungen sind verbunden mit größerer Gesundheit und Zufriedenheit.
Spannend, nicht wahr?
Ist doch eine super Idee, mal deine Beziehungen zu durchleuchten! Wie sieht’s aus in deinen Freundschaften, deiner Partnerschaft, deiner Familie? Gibt’s da für dich Optimierungsbedarf?
Hier ein paar Ideen, wie du deine Beziehungen erfüllender gestalten kannst:
💌 Schreib eine Woche lang jeden Tag einem anderen dir wichtigen Menschen eine liebe Nachricht per WhatsApp oder SMS.
👂🏼 Höre in Gesprächen aktiv zu und stelle interessiert Fragen, statt mit deinen Gedanken abzuschweifen oder dich nur darauf zu konzentrieren, was du erzählen möchtest.
🥰 Melde deinem Gegenüber zurück, wenn dir etwas Positives an ihm auffällt oder du dich über etwas freust, was er oder sie gemacht macht.
⏳ Achte darauf, mit welchen Menschen du die meiste Zeit verbringst und frag dich, ob das die Menschen sind, die dir am meisten Energie geben. Falls nicht, überlege dir, wie du diesen mehr Raum in deinem Alltag geben könntest.
Übrigens: Wenn du wissen möchtest…
- wie du denn jetzt wirklich deine Werte und Stärken herausfindest, nach denen du leben kannst, um so richtig glücklich zu sein,
- wie du negative Gedankenspiralen unterbindest und es schaffst, die bunte Palette der Gefühle zuzulassen und
- wie du mit einfachen Kniffen im Alltag deine Beziehungen zum Aufblühen bringst
… dann lass dich hier auf die Warteliste für mein Coaching-Programm „The Happiness Academy“ setzen!
Links und Lesetipps zum Blogartikel: „Unglücklich und unzufrieden mit deinem Leben? Daran liegt’s und das kannst du tun!“
📚 Lesetipps zum tiefer Einsteigen:
- Was machen glückliche Menschen anders? Diese 7 Gewohnheiten machen den Unterschied!
- Du bist nicht glücklich genug, wenn diese Merkmale auf dich zutreffen
- Schluss mit „ganz okay“ und „so lala“ – Die ultimative Anleitung zum Glücklich sein
✨Kauftipp: In meinem Workbook „Glücklichsein ist keine Glückssache“ warten die besten Übungen aus der Positiven Psychologie und jede Menge spannender Reflexions- und Umsetzungsaufgaben auf dich, um dein Wohlbefinden und deine Zufriedenheit langfristig zu steigern und von „unglücklich“ auf „glücklich“ umzuschalten.
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Quellen
[1] Glücklicher sein durch ein erfülltes Leben: Peterson, C., Park, N., & Seligman, M. E. P. (2005). Orientations to happiness and life satisfaction: The full life versus the empty life. Journal of Happiness Studies, 6(1), 25–41.
[2] Erfülltes Leben durch Stärken wie Dankbarkeit, Liebe und Hoffnung: Peterson, C., Ruch, W., Beermann, U., Park, N., & Seligman, M. E. P. (2007). Strengths of character, orientations to happiness, and life satisfaction. The Journal of Positive Psychology, 2(3), 149-156.
[3] Sich eigenen Werten verpflichten = höheres Wohlbefinden: Watanabe, K., Kawakami, N., & Nishi, D. (2020). Association between personal values in adolescence and mental health and well-being in adulthood: A cross-cultural study of working populations in Japan and the United States. Annals of General Psychiatry, 19:7.
[4] Optimistischer mit Lebenszielen, die zu den eigenen Werten passen: Sheldon, K., Gordeeva, T., Sychev, O., Osin, E., & Titova, L. (2022). Self-concordant goals breed goal-optimism and thus well-being. Current Psychology, 41(9), 6549–6557.
[5] Größere Fortschritte mit den richtigen Lebenszielen erzielen: Ionescu, D. (2018). The role of optimism and progress towards personal goals on basic psychological needs satisfaction and psychological well-being. Romanian Journal of Social Psychology, 11(21-22), 48-62.
[6] Unglückliche Menschen fokussieren sich auf Negatives: Lyubomirsky, S., & Tucker, K. L. (1998). Implications of individual differences in subjective happiness for perceiving, interpreting, and thinking about life events. Motivation and Emotion, 22(2), 155–186.
[7] Unglückliche Menschen hadern mit ihren Entscheidungen: Lyubomirsky, S., & Ross, L. (1999). Changes in attractiveness of elected, rejected, and precluded alternatives: A comparison of happy and unhappy individuals. Journal of Personality and Social Psychology, 76(6), 988–1007.
[8] Menschen, die alle Emotionen erleben, sind glücklicher: Tamir, M., Schwartz, S. H., Oishi, S., & Kim, M. Y. (2017). The secret to happiness: Feeling good or feeling right? Journal of Experimental Psychology: General, 146(10), 1448–1459.
[9] Mehr soziale Unterstützung, mehr Wohlbefinden: Nguyen, L., Phillips, C. V., Rodriguez, A., Young, A. R., & Ramdass, J. V. (2022). Relationships matter! Social safeness and self-disclosure may influence the relationship between perceived social support and well-being for in-person and online relationships. Journal of Applied Social Psychology, 52(12), 1211-1220.
[10] Positive Familienverhältnisse sind verbunden mit höherer Zufriedenheit: Ramos, M. C., Cheng, C.-H. E., Preston, K. S. J., Gottfried, A. W., Guerin, D. W., Gottfried, A. E., Riggio, R. E., & Oliver, P. H. (2022). Positive family relationships across 30 years: Predicting adult health and happiness. Journal of Family Psychology, 36(7), 1216–1228.
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Ulrike